Falltürspinnen und Verwandte

 Photos mit freundlicher Genehmigung des Verlages H.-J. Peters, "Tarantulas of the World" - TOW.

In der letzten Zeit (2003) tauchen wieder vermehrt Falltürspinnen im Groß- und Einzelhandel auf.
Diese Spinnen sind zumeist undeterminiert und stammen aus Afrika oder aus Asien.
 

 Genauere Hinweise auf ihre Lebensbedingungen sind kaum zu bekommen. Sie erscheinen recht lethargisch, wenn man sie in ihr Becken aus der obligatorischen Heimchendose umsetzt; mag dies nun ein reiner Schutzreflex sein oder Stresssymptome ob der falschen Haltung während der Zwischenlagerungen, sei hier einmal dahingestellt.

Vernünftige Auskunft über die Haltung erfährt man kaum. Man sollte, wenn man sich nicht auskennt, im Interesse der Tiere und im eigenen, die Finger vom Kauf lassen. Zumal über die Giftigkeit und die davon ausgehende potentielle Gefährdung nichts bekannt ist. Sie bieten natürlich einen Anreiz, da sie anders als die „üblichen“ Vogelspinnen aussehen. Meist sind die angebotenen Tiere orange oder rot oder rotbraun. Im Unterschied zu Vogelspinnen sind sie wenig behaart.

Falltürspinne ex. Kenia



Auf mich wirken diese Tiere in ihren Heimchendosen recht unglücklich, genau wie der neue Besitzer, nur eben aus anderen Gründen.. Wenn er die Tiere kauft und umsetzt sieht er sie, wenn er viel (!) Glück hat, baut die Spinne ihre Röhre, die in der Natur bis über 1m tief sein kann, um in Trockengebieten genug Feuchtigkeit zu bekommen, an der Glaswand, wenn das Becken dunkel steht. Meist machen die Tiere aber genau das Gegenteil! So sieht man sie erst zu ihrem Tode wieder. Besserwisser haben hier natürlich direkt einen unumstößlichen Tipp: man bilde einen Tunnel vor!

......Nur hat die Spinne diesen - nun wirklich einzigartigen Tipp auch verstanden??? (Übrigens stammt diese kleine Diskussion aus einem Gespräch mit einem Spinnenkundigen, der über diese Tiere so gut wie alles weiß. Er ist davon fest überzeugt.)

Ich habe mehrere dieser Tiere und kann aus eigener Erfahrung sagen, dass die Tiere ihre Gänge selbst wählen und in seltenen Fällen die angebotene Röhre annehmen.

Falltürspinne ex. Kenia



Auffallend ist, dass etliche Exemplare gar keine Röhren anlegen, sondern ewig auf der Substratoberfläche sitzen, in der ersten Zeit etwas Futter nehmen, dann aber urplötzlich die Beine anziehen und versterben. Ich glaube, dass die meisten dieser angebotenen Tiere dehydriert sind, da besonders der Einzelhändler, zwecks mangelnder Kenntnis, die man ihm nicht unbedingt zum Vorwurf machen kann (Literatur fast nur im englischen Sprachraum), kaum mit und an den Tieren handelt, da er Angst vor der Giftigkeit hat. ........Nicht ganz zu Unrecht, wie schon oben erwähnt!

Nun zu zwei Arten aus Australien (auf Haltungsrichtlinien verzichte ich hier völlig, damit nicht die typischen Protzer auf den Gedanken kommen, sich diese Tiere zu zu legen; denn sie gehören zu dem Traum eines jeden Gifttier-“Spezialisten“.)

1. Atrax robustus (Cambridge 1877) Sydney-Funnel-Web (abgebildet ist das Männchen)
Familie: Hexathelidae (wird oft mit Hadronyche versutus - Blue Mountains Funnel Web verwechselt) - Dipluridae und Nemesidae ---Funnel-Web-Like)
Grundfarbe: schwarz-braun mit stark violettem Schimmer
Körperlänge: bis 35mm
Chelizerenabstand: Männchen = 8mm / Weibchen = 12mm
Typ: moderne Spinne
Gestalt: plump





Die Tiere kommen kommen in Ostaustralien vor und halten sich oft in der Nähe von menschlichen Ansiedlungen auf. Ihr Lebensraum umfasst hauptsächlich feuchte Waldgebiete, ihre Röhrenbauten legen sie bevorzugt zwischen Gesteinsritzen und Holz an. Die Weibchen verlassen ihr Heim nie, während die Männchen auf Wanderschaft gehen, nachdem sie ihre Häutung zum adulten Tier (meist nach etwa 4 Jahren) gemacht haben oder wenn ihnen das Mikroklima nicht mehr zusagt. Die Bauten sind Y- oder T-förmig mit zwei Ausgängen angelegt. Ein oberflächliches Netz wird zumeist angelegt, um den Eingang während des Tages zu sichern. Als Futter dient alles, was sie überwältigen können, bis hin zu kleinen Skinken und Fröschen. Beide Geschlechter sind hochgiftig, sie produzieren in ihren gewaltigen Giftsäcken das Atraxotoxin, welches auch für den Menschen tödlich ist, da es das bis dato als das potenteste Tiergift gilt (hier mögen sich die Gelehrten streiten!). Beide Geschlechter beißen bei Störung direkt zu.

Falltürspinne ex. Kenia



Symptome einer Vergiftung sind unter anderen: Zwei klar abgegrenzte Einstiche; starke Schmerzen, Nausea und folgendes Erbrechen, Frieren am Mund, starkes Sabbern durch extremen Speichelfluss, Blauwerden des Opfers durch Atemnot, Krämpfe und stärkste Schmerzen im ganzen Körper, Delirium, Lichtempfindlichkeit, unwillkürliche Muskelspasmen, Coma; Lungenödeme , Muskelfehlfunktionen oder Atemstillstand führen häufig zum Tode.

Als Erste-Hilfe-Maßnahme werden jede Manipulation, egal welcher Art, an der Bissstelle strikt abgelehnt. Ruhigstellung, Warmhalten des Opfers und Anlegen eines Druckverbandes über das gesamte betroffene Glied und sofortige Einlieferung in ein Krankenhaus sind empfohlen. Dem Patienten sollte keine Flüssigkeit zugeführt werden. (Die beschriebene Press-Bewegungsunfähigkeits-Bandage ist ausschließlich beim Biss dieser Funnel-Web-Bisse angesagt, bei keinem anderen Biss einer anderen Spinnengattung. Antivenin ist unumgänglich.



2. Missulena insigne (Cambridge 1877) / Walckenar beschreibt sie 1805 als Missulena occatoria und erste mygalomorphe Spinne Australiens (Status nicht ganz geklärt) Trapdoor-Spider Red-Headed-Mouse (abgebildet ist das Männchen)
Familie: Actinopodidae (vormals: Ctenizidae)
Grundfarbe: Männchen:grau-schwarz mit blauen Längsstreifen auf den Extremitäten
Weibchen: braun, schwarz
Carapax: leuchtend rot
Abdomen: leuchtend blau
Körperlänge: Männchen 15mm / Weibchen über 20mm
Pedipalpenzwischenraum: 8mm (männlich) / 13mm (weiblich)
Typ: moderne Spinne
Chelizerenabstand: Männchen = 8mm / Weibchen = 12mm
Typ: sehr primitive Spinne
Gestalt: plump





Die Tiere fallen besonders durch den extremen Sexualdimorphismus auf, so dass man beide Geschlechter als verschiedene Arten interpretieren könnte. Mouse-Spiders heißen sie, weil sie Röhrengänge bis über ein Meter in die Tiefe bauen. Ihre Verbreitungsgebiete sind alle Festlandstaaten Australiens und Neu Guinea, mit Ausnahme von Tasmanien. Die Tiere halten sich bevorzugt in fluss- und gewässernahen Standorten auf; während die Weibchen standorttreu sind, wandern die Männchen, besonders in den regenreichen Wintermonaten herum, um passende Weibchen zu finden. Sie bevorzugen Dämmerung und feuchte Luftwerte, um mit ihren Buchlungen atmen zu können.



Der Unterschlupf hat auch zwei Ausgänge, manchmal werden Deckel gebaut. Beute sind ausschließlich Insekten und Spinnen. Die Tiere, hier besonders die Weibchen sind extrem nachtaktiv und sie verlassen ihre absolut dunkle Höhle nie. Die Giftpotenz ist nicht so hoch wie bei Hadochyne oder Atrax, aber kann bei Kindern auch letale Wirkung haben. Das Gift ruft Schwellungen, stärksten Juckreiz und heftiges Brennen hervor. Männchen beißen beim Handling sofort, hier besteht ein Unterschied zu anderen Spinnen, wo meist die Weibchen aggressiver sind. Bei symptomatischen Vergiftungserscheinungen muss Funnel-Web-Antivenin verabreicht werden. Ein Krankenhausaufenthalt ist immer angesagt. Erste-Hilfe-Maßnahmen sind die Üblichen, nur eben keine Pressbandage und unbedingt die gebissene Extremität nach unten lagern.

Insgesamt gesehen sind Trapdoorspiders sehr interessante Geschöpfe, die aber ob ihrer Gefährlichkeit nicht in Privathände gehören, zumal Haltungsbedingungen die natürlichen Gegebenheiten kaum annähernd nachahmen können. Mag der Kauf auch noch so reizen: FINGER WEG!!! Eine Grammostola rosea ist genau so interessant und auch für den Betrachter attraktiver und vor allem: ungefährlich.

Herbert Saurer