Ihr Nachbar hat einen Hund, was will ihr Sohn? Auch einen Hund. Die beste Freundin Ihrer Tochter hat eine Katze, was will ihre Tochter? Auch eine Katze. Mit den Hamstern, Meerschweinchen, Zwergkaninchen, Vögeln und Pferden verhält es sich genauso. Und einige Kinder wollen Zierfische halten.
Hinter all diesen Wünschen steckt sicherlich eine starke Sehnsucht nach Tieren, von denen nicht nur Kinder Freundschaft, Zuneigung, Spaß und die Befriedigung der Neugier auf alles, was lebt, erwarten.
Unstreitig ist, dass Kinder im täglichen Umgang mit Tieren wichtige Erfahrungen für ihr Leben machen. Für mich ist und bleibt eine Kindheit ohne Tiere unvorstellbar.
Mein Appell an alle Eltern: Ermöglichen Sie Ihrem Kind die Haltung von Tieren!
Jetzt werden sich viele Eltern sicherlich fragen, wie soll man in einer Stadtwohnung seinem Kind eine artgerechte Tierhaltung ermöglichen, wenn der Platz schon keine menschenwürdige Unterbringung zulässt? Und andere geben zu bedenken, dass die jährliche Urlaubsreise nicht mit einer verantwortungsvollen Tierhaltung in Einklang zu bringen ist. Außerdem haben nicht wenige Eltern die Erfahrung gemacht, dass die anfängliche Begeisterung der Kinder für ein Tier nach kurzer Zeit nachlässt und die Arbeit an ihnen selbst hängen bleibt.
Ich gestehe, diese Einwände sind meist berechtigt.
Trotzdem empfehle ich Ihnen ein Aquarium für Ihr Kind, wenn es dieses wünscht. Dort, wo sonst keine Tierhaltung möglich ist, lässt sich meist durchaus ein Platz für ein Aquarium finden. Lassen Sie Ihr Kind an allen Überlegungen und Arbeiten teilhaben. Ein zehnjähriges Kind ist unter der anfänglichen Begleitung eines Erwachsenen alt genug für das erste Aquarium. Um aber Zierfische erfolgreich zu pflegen, müssen einige wichtige Regeln beachtet werden:
Die wichtigste lautet: Machen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind schlau, aber bitte vor dem Kauf eines Beckens und der Fische. Ein gutes Buch wird Ihnen weiterhelfen. Unentbehrlich aber ist der Rat eines erfahrenen Aquarianers, der Ihnen auch bei eventuellen Pannen zur Seite steht. Wenn Sie keinen kennen, so wenden Sie sich doch an den örtlichen Aquarienverein. Die Informationen eines Zoofachverkäufers können niemals ausreichen, um eine erfolgreiche Aquaristik zu betreiben (Sie haben das Autofahren ja auch nicht gelernt, indem Ihnen der Händler in einem kurzen Gespräch die Grundzüge beigebracht hat!).
Kaufen Sie kein kleines Becken. Ein kleines Becken beherrschen meist nur fortgeschrittene Aquarianer. Aufgrund des geringen Inhalts kommt es bei kleinen Störungen schnell zu großen Problemen. Das Aquarium für Ihr Kind sollte über ein Volumen von mindestens 100 Litern verfügen oder eine Kantenlänge von 80 cm aufweisen. Ein größeres Aquarium macht nicht mehr Arbeit, sondern weniger.Stellen Sie das Aquarium an einen sonnengeschützten Platz. Entscheiden Sie sich nicht für Goldfische, sondern für tropische Zierfische. Beschränken Sie sich bei der Technik auf einen Regelheizer mit Überhitzungsschutz, ein Thermometer, eine Beckenbeleuchtung und einen Innenfilter. Dieser ist zwar schwieriger in eine Aquarieneinrichtung zu integrieren, aber inder Handhabung sicherer.
Machen Sie aus Leitungswasser ein gutes Aquarienwasser, bevor Sie Fische kaufen. Ein dicht bepflanztes Becken ohne Fischbesatz schafft das ganz allein, braucht dafür aber mindestens zwei Wochen Zeit. Sie können auch die verschiedensten Wasseraufbereitungsmittel kaufen, dann dauert es nur 14 Tage.
Doch haben Sie wirklich genügend Geduld?
Die meisten Anfänger haben sie nicht und Ihr Kind erst recht nicht. Es geht allerdings auch schneller: Hier brauchen Sie wieder dem erfahrenen Aquarianer, von dem Sie fertiges Aquarienwasser aus seinem Becken und ein wenig Filtermasse aus seinem Filter bekommen. Wenn Sie Ihr Becken zur Hälfte mit Aquarienwasser, den Rest mit Leitungswasser und Ihren Filter zum Teil mit „eingefahrener" Filtermasse gefüllt haben, können Sie schon nach zwei Tagen Fische einsetzen.
Welche Fische sind nun für das Aquarium Ihres Kindes geeignet? Kaufen Sie bitte nicht alle Fische, die Sie oder Ihr Kind schön finden. Meistens werden diese zu groß, lassen sich nicht miteinander vergesellschaften, verspeisen Ihre Pflanzendekoration oder stellen spezielle Ansprüche an die Wasserbeschaffenheit.
Daher kaufen Sie Ihre Fische nur gemeinsam mit dem schon oben angesprochenen erfahrenen Aquarianer. Empfehlenswert sind sicherlich lebendgebärende Fische wie Guppy oder Platy, nicht nur weil sie mit den unterschiedlichsten Wasserwerten zurechtkommen, sondern auch weil die Vermehrung der gepflegten Fische besonders für Kinder ein aufregendes Erlebnis darstellt. Damit verhindern Sie oft ein nachlassendes Interesse an der Aquaristik.
Das größte Problem bei dem Kauf des ersten Fischbesatzes ist jedoch die Anzahl der Fische. Wenn Sie glauben, in Ihrem Becken schwimmen viel zu wenig von den roten, blauen oder schwarzen Exemplaren, dann ist das Aquarium mit Sicherheit schon überbesetzt.
Auch beim Füttern ist Maßhalten oberstes Gebot. Zuviel Futter verdirbt schnell das Wasser. Achten Sie auch auf abwechslungsreiche Kost. Neben Trockenfutter sind auch verschiedene Sorten Frostfutter zu erwerben. Im Sommer können Sie mit Ihrem Kind auch schwarze Mückenlarven aus Regentonnen oder Pfützen fangen und verfüttern. Wenn Sie vor der geplantem Urlaubsreise etwas großzügiger füttern, kommen die Fische ohne Probleme drei Wochen ohne Verpflegung aus.
Überlassen Sie die Urlaubsvertretung auf keinen Fall Ihrer Nachbarin, für die die Aquaristik ein Buch mit sieben Siegeln darstellt. Aus lauter Tierliebe wird während eines Urlaubs eine ganze Jahresration Trockenfutter gegeben.
Es reicht vollkommen, wenn regelmäßig die Temperatur und die Filterfunktion überprüft werden.
Für den Notfall sollte die Telefonnummer des - Sie werden es nicht glauben - erfahrenen Aquarianers an die Frontscheibe des Beckens angebracht werden.
Eine weitere wichtige Pflegemaßnahme wird leicht vernachlässigt: Der wöchentliche Teilwasserwechsel. Pflanzen und Filter allein sind nicht in der Lage, die anfallenden Abfallstoffe im Wasser abzubauen.
Weitere Tipps für die erfolgreiche Aquaristik erhalten Sie nebst Fischen und Pflanzen auf den Börsen, die die Aquarienvereine regelmäßig veranstalten. Ein Besuch mit Ihrem Kind lohnt sich immer.Wenn Sie diese Regeln sowie die Ratschläge von erfahrenen Aquarianern berücksichtigen, wird Ihr Kind viel Freude an der Aquaristik haben. Ein gut funktionierendes Aquarium lässt jeden Betrachter an seiner faszinierenden kleinen „Unterwasserwelt" teilhaben, wie es kein Fernseher vermag.
Lutz Schürmanns