Diskusfische, auch bekannt als der "König der Süßwasserfische", haben nicht nur ein imposantes Aussehen, sondern verfügen auch über ein einzigartiges Brutpflegeverhalten. Sie ernähren ihre Jungtiere mit ihrer äußeren Hautschicht (Epidermis). |
Aber wir wollen von vorne beginnen:
Möchte man einmal die Diskuszucht hautnah im eigenen Aquarium erleben, muss man sich nicht unbedingt ein Zuchtpaar kaufen. Wenn man etwas Zeit mitbringt, kann man sich stattdessen auch eine Gruppe Jungfische zulegen und alles von Anfang an beobachten.
Die Gruppe sollte aus wenigstens fünf Tieren bestehen, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich wenigstens ein Paar herauskristallisiert. Innerhalb eines Wurfs sind die kleineren Tiere eher Weibchen und die größeren Männchen. Bei guter Filterung, regelmäßigen Wasserwechseln und abwechslungsreicher Fütterung legen die Tiere schnell an Wachstum und Färbung zu. Hier und da kann man schon bald erste Anzeichen für Geschlechtsunterschiede feststellen. Bei den Weibchen bleibt der hintere Rand der Rückenflosse rund, während bei den Männchen eine leichte Spitze ausgebildet wird, die später zu einer regelrechten Fahne ausgezogen werden kann.
Sobald die Fische etwa neun Monate alt sind, kommen sie in eine Art "pubertäre Phase". Mit Andersgeschlechtlichen wird hier und da herumgeturtelt, während mit Gleichgeschlechtlichen zunehmend die "Kräfte gemessen" werden. Es ist ein einziges Imponiergehabe.
Da soll noch mal jemand behaupten, Diskusfische wären langweilig und würden nur herumstehen!
Auch wenn man es kaum glauben kann aber dieses Verhalten nimmt in den nächsten Monaten noch an Intensität zu. Erste ernsthafte Liebschaften kommen zustande, während Nebenbuhler mit zunehmender Nachdrücklichkeit vertrieben werden, schließlich soll der Partner sehen, was für ein toller "Hecht" man ist. In ihrem Aggressionsverhalten stehen die Weibchen den Männchen in nichts nach, wenn Konkurrenz naht. Warum sollte es bei den Fischen auch anders sein als bei den Menschen.
Anfangs muss man manchmal zweimal hinschauen, um unterscheiden zu können, ob sich gerade ein Paar bildet oder Aggressionsverhalten gezeigt wird. Die betroffenen Tiere schwimmen langsam, in gegensätzlichen Richtungen, aneinander vorbei. Dabei versuchen sie so groß wie möglich zu erscheinen, indem sie die unpaarigen Flossen weitest möglich aufstellen und die paarigen abspreizen. Gleichzeitig neigen sie sich schräg nach oben, etwa im 45°-Winkel (Kopf nach oben und Schwanzflosse nach unten). Dabei beginnen sie zu rußen, d. h. die Schwanzflosse und der hintere Teil der Rücken- und Afterflossen färben sich dunkel, fast schwarz. Anfangs hat man gemeint, dass dieses Umfärben nur bei der Paarbildung, insbesondere kurz vorm Ablaichen gezeigt wird. Genauere Beobachtungen zeigten aber bald, dass Diskusfische auch bei Zwistigkeiten zum Rußen neigen. Besonders stark ausgeprägt ist dies bei Wildfängen.
Bei der Paarbildung und kurz vorm Ablaichen wird bei vielen das Rußen so stark intensiviert, dass auch das hintere Drittel des Körpers dunkel wird, während der Rest in den schönsten Farben erstrahlt. Schwimmt ein imponierender Diskus ein Weibchen an, dann ignoriert sie ihn meist, bis sie sich entschieden hat, ob er der Richtige ist oder nicht. Ist er der Falsche, fühlt sie sich bald belästigt und schwimmt weg. Ist er interessant, dann schwimmt sie über kurz oder lang in gleicher imponierender Weise auf ihn zu, um ihre Schönheit voll zur Geltung zu bringen und sich seiner bewundernden Blicke sicher zu sein.
Trifft ein Diskus auf einen Nebenbuhler, dann zeigt er das gleiche Imponierverhalten. Entweder lässt sich der Unterlegene einschüchtern und flüchtet oder er antwortet auf die gleiche Weise. Gibt keiner nach, dann fangen sie nach kurzer Zeit an, sich gegenseitig seitlich Wasser in Richtung Seitenlinienorgan zu zu wedeln. Die nächste Stufe ist entweder ein Rammen in die Körperseite oder das gegenseitige Maulzerren und Schnappen nach der Kehle. Meist gibt der Unterlegene bald nach und schwimmt weg, um dann kurze Zeit später einen neuen Versuch zu starten. Von den angeblich immer nur friedlich vor sich hindümpelnden Diskusfischen ist zu diesem Zeitpunkt keine Spur zu sehen.
Hat sich ein harmonisierendes Paar gefunden, sucht es sich einen Ablaichplatz. Bevorzugt werden leicht schräg bis senkrecht stehende Substrate. Bei mangelnder Erfahrung kann das auch der Heizstab sein. Nach eifrigem Putzen, das sich auch über mehrere Tage hinziehen kann, erfolgt das so genannte Probelaichen.
Beide Partner, manchmal auch nur das Weibchen, gehen mit der Laichpapille über das Laichsubstrat, wobei es noch nicht zur Eiablage kommt.
Wenn man sich vorher noch unsicher war, ob man wirklich ein Paar hat, dann kann man das jetzt eindeutig an der Form der Laichpapillen unterscheiden. Beim Weibchen ist sie breit und stumpf, so dass die Eier hindurchpassen, während sie beim Männchen schmal und spitz ist, da hier nur die Samenflüssigkeit hindurch zu fließen braucht. Ansonsten lassen sich die Geschlechtsunterschiede in diesem Alter meist auch schon problemlos äußerlich feststellen.
Die Männchen wirken oft etwas bulliger, die Brustflossen sind oft länger und der hintere Teil der Rückenflosse ist weiter ausgezogen als bei den Weibchen aus dem gleichen Wurf. Am sichersten ist es, sich eine Gerade entlang des äußeren Randes der Afterflosse zu denken und sie im Geiste weiter bis zur Schwanzflosse zu ziehen. Geht sie an der Schwanzflosse vorbei, dann handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um ein Männchen. Geht sie durch sie hindurch, dann ist es höchstwahrscheinlich ein Weibchen. Häufig geht bei den Männchen die Zeichnung in der Rücken- und Afterflosse bis an den Rand, während sie bei den Weibchen meist von einem dunklen Saum unterbrochen wird.
Das Probelaichen kann unterschiedlich lange dauern, zwischen mehreren Minuten und mehreren Tagen. Im Anschluss folgt das eigentliche Ablaichen. Dabei geht das Weibchen von unten nach oben über das Laichsubstrat und legt die Eier in einer Linie ab. Anschließend geht das Männchen in gleicher Weise über die Eier und besamt sie dabei. Dann ist wieder das Weibchen an der Reihe und so fort. Je besser das Paar harmoniert und je erfahrener es ist, desto dichter zusammen werden die Eier abgelegt.
Sind die Paare noch sehr jung, dann zeigen die Tiere zwar oft schon das volle Verhaltensrepertoire, aber die Männchen sind noch nicht in der Lage, das Gelege richtig zu befruchten. Der ein oder andere stellt stattdessen fest, dass diese Eier eine vorzügliche Delikatesse sind und fressen sie weg, so wie das Weibchen sie ablegt. Wie man sieht, lassen auch bei den Fischen die Männer alles stehen und liegen, sobald man ihnen etwas Essbares vor die Nase hält.
Das sieht man auch, wenn man während des Laichakts Futter ins Aquarium gibt. Anstatt den Laichakt erst zu beenden, stürzen sich oftmals die Böcke sofort auf das Futter, als ob sie tagelang nichts zu beißen bekommen hätten, während das Weibchen alleine die Eier weiter ablegt. Es scheint so, als ob sie einem regelrechtem "Laichzwang" unterliegen. Entfernt man das Männchen oder setzt das Weibchen ohne den Bock um, dann laicht es trotzdem kurz später ab. Es kommt auch vor, dass Weibchen ohne ein Männchen ablaichen, wenn kein passendes "zur Verfügung" steht. Wie heißt es so schön: neue Männer braucht das Land ... .
Die Männchen können oftmals erst mit zwei Jahren die Gelege richtig befruchten, während die Weibchen manchmal schon mit neun Monaten Eier legen können. Es wird vermutet, dass so in der Natur Inzucht vermieden wird. Generell sollte man Diskusfische nicht zu früh zur Zucht ansetzen. Oft bleiben sie im Wachstum hinter ihren Altersgenossen zurück, wenn sie es schaffen, ihre Jungtiere aufziehen. Hinzu kommt die fehlende körperliche und geistige Reife. Ersteres kann kleine, schlecht befruchtete Gelege und eine nicht ausreichend nahrhafte Epidermis verursachen und letzteres eine mangelhafte Brutpflege. Wir erwarten ja auch nicht von unseren Kindern, dass sie sich schon in der Pubertät fortpflanzen, obwohl viele von ihnen bereits fortpflanzungsfähig wären.
Die Wasserwerte spielen nicht eine so große Rolle, wie man häufig meint. Schließlich bekommen Diskusfische auch Nachwuchs in Schaubecken, in denen das Wasser nicht sauer, sehr weich und fast steril ist. Die heute zunehmenden Probleme liegen mehr in Überzüchtungen, Mangelerscheinungen durch einseitige Ernährung oder zu wenig Wasserwechsel bzw. Wasserwechsel mit zu mineralarmem Wasser und der zunehmenden Verunreinigung des Trinkwassers mit Pestiziden, Medikamentenrückständen und Hormonen. Letzteres wird auch als Ursache für die steigende Zahl ungewollt kinderloser Ehepaare beim Menschen angesehen.
Setzt man die Tiere trotzdem in einen separaten Zuchtwürfel, dann sollte er nicht zu klein sein. In 50 x 50 x 50 cm großen Becken fühlen sich die Tiere häufig beengt, weshalb man wenigstens ein Maß auf 60cm erhöhen sollte. Größer als 60 x 60 x 60 cm sollte das Becken aber auch nicht sein, da sonst gerade freischwimmende Larven leicht den Anschluss zu ihren Eltern verlieren.
Nicht ausreichend befruchtete Gelege werden meist innerhalb von 24 Stunden von den Eltern verspeist. Der hohe Nährwert der Eier kommt ihnen hierbei zu Gute und nicht irgendwelchen anderen Beckenbewohnern. Ist das Gelege richtig befruchtet, dann bekommen die Eier nach etwa vierundzwanzig Stunden einen dunklen Punkt in der Mitte. Ab jetzt muss man sich immer einen über den anderen Tag gedulden, bis sich etwas bedeutsames tut. Aber zwischenzeitlich wird es nicht langweilig.
Am ersten Tag laichen die Fische ab. Die Eier werden von beiden Eltern im Wechsel versorgt, wobei die Weibchen meist die längeren "Schichten" übernehmen, da die Männchen in dieser "uninteressanten" Phase gerne früh die Lust verlieren. Woran erinnert uns das? Zu ihrer Verteidigung muss man aber sagen, dass sie in dieser Phase die Hauptrolle bei der Revierverteidigung gegen eventuelle Laichräuber übernehmen. So kann es auch passieren, dass ein ausgewachsener Gibbiceps das Zeitliche segnet, wenn er sich nicht vertreiben lässt. In separaten Zuchtbecken dagegen verbringt der Diskusmann dann stattdessen notgedrungen die Zeit mit "Nichtstun".
Die Eier werden zu dieser Zeit ständig befächelt und so mit Frischwasser versorgt. Unbefruchtete Eier werden meist herausgepickt und Schmutzpartikel sofort entfernt. Manche Fischarten haben in ihren Lippen Drüsen, die ein laichschützendes Sekret abgeben. Auch bei den Diskusfischen sieht es so aus, als ob sie ihre Eier mit den Lippen zwischendurch betupfen. Forschungen haben jedoch ergeben, dass dies beim Diskus nicht der Fall ist und nur das Verhaltensmuster da ist. Vermutlich halten sie die Eier aber auf diese Weise trotzdem zusätzlich sauber.
Am dritten Tag schlüpfen die Larven. Manchmal scheint es, dass die Eltern beim Schlupf helfen und die Jungtiere regelrecht aus den Eiern saugen. Die Larven sind zu diesem Zeitpunkt noch sehr klein, haben einen großen Dottersack und sind noch nicht schwimmfähig. Ab jetzt kümmern sich beide Partner intensiv um den Nachwuchs, oft auch gleichzeitig, vor allem in den ersten Tagen.
Die Larven haben am Kopf Klebedrüsen, mit denen sie am Substrat haften bleiben. Durch die Strömung im Becken oder durch das weiterhin intensive Befächeln der Elterntiere, löst sich hin und wieder schon einmal eine Larve. Sofort wird sie von einem der Elterntiere mit dem Maul aufgenommen und wieder an das Substrat gespuckt. Man hat den Eindruck, dass die Larven dabei "durchgekaut" werden. Wenn man das zum ersten Mal sieht, bleibt einem fast das Herz stehen. Man kann es kaum fassen, wenn danach eine völlig unversehrte Larve wieder ausgespuckt wird.
Auch hier dachte man anfangs, dass die Larven mit einem schützenden Sekret ummantelt werden. Bei genaueren Untersuchungen konnte man dafür aber keinen Anhaltspunkt finden. Sicher ist wohl, dass die Larven richtig herum gedreht werden, damit sie mit dem Kopf voran wieder ausgespuckt werden können, was bei den kleinen zappelnden Wesen vermutlich gar nicht so einfach ist. Zugleich werden anhaftende Schmutzpartikel entfernt, um Infektionen vorzubeugen und eine bessere Haftfähigkeit der Klebedrüsen zu erzielen.
In dieser Zeit werden die Larven auch des öfteren umgebettet oder besser gesagt umgeklebt. Häufig werden sie über Tag recht weit auf dem Substrat verteilt und abends, dicht gedrängt an einer kleine Stelle platziert, die sich besser überwachen lässt. Selbst wenn die Jungtiere später freischwimmen, werden sie von vielen Paaren, insbesondere am ersten Abend, wieder eingesammelt und so lange an das Laichsubstrat gespuckt, bis sie dort wieder festkleben, wobei die Haftfähigkeit nachgelassen hat, vermutlich auch aufgrund ihres zunehmenden Gewichts.
Am vierten Tag nach dem Ablaichen kann man sehen, wie die Larven deutlich an Größe zugelegt haben. Sie kleben immer noch am Substrat und ihr Dottersack ist nicht mehr so prall gefüllt.
Am fünften Tag ist der Dottersack verschwunden. Die Larven lösen sich nun nach und nach vom Substrat und begeben sich auf Nahrungssuche. Die Eltern erscheinen insbesondere bei den ersten Bruten regelrecht verdutzt zu sein. Unermüdlich fangen sie die sich nach und nach lösenden Larven immer wieder ein und spucken sie zurück ans Substrat. Dort bleiben sie aber nicht all zu lange haften, dann lösen sie sich erneut. Manche haben den Trick mit dem Schwimmen noch nicht ganz heraus und torkeln anfangs noch etwas ziellos durch die Gegend oder "stürzen" gar ab. Meist werden Sie noch im Fallen von den Eltern wieder aufgeschnappt und zurück gespuckt. Die Eltern scheinen regelrecht zu verzweifeln, weil sich immer mehr Larven lösen und sie nicht alle zugleich wieder einsammeln können, bis sie es irgendwann aufgeben und "merken", was passiert ist.
Die Diskusjungfische schwimmen mehr oder weniger gezielt ihre Eltern an. Dort konzentrieren sie sich vor allem an den großflächigen Körperseiten und beißen dort kleine Stücke aus der äußeren Hautschicht heraus. Der leider zwischenzeitlich verstorbene Prof. Bremer hat hier revolutionäre Arbeit geleistet. Er fand heraus, dass Diskusfische nicht, wie bislang angenommen, ein Hautsekret ausbilden mit dem sie die Jungtiere ernähren. Sondern dass die gesamte äußere Epidermis (abgesehen von der Basalmembran) von den Larven abgeweidet wird. Dabei nehmen sie auch so genannte Sekretozyten auf, die während der Brutzeit verstärkt ausgebildet werden. Diese Kügelchen enthalten wichtige Kohlenhydrate und Fette. Zudem hat Prof. Bremer herausgefunden, dass freischwimmende Diskuslarven schon sehr früh auch andere Nahrung aufnehmen, wie z.B. Kieselalgen und Bakterien.
Nicht alle Larven schaffen es sofort, gezielt ihre Eltern anzuschwimmen. Es gibt immer wieder einige, die anfangs etwas ziellos durch die Gegend irren und sich beispielsweise am dunklen Silikon niederlassen. Die Diskuseltern färben sich während der Nährphase häufig etwas dunkler, wenn es sich um natürliche Farbformen handelt (Wildfänge, deren direkte Nachkommen und daraus entstandene Zuchtformen, wie z.B. Rottürkise, Brillant- und Flächentürkise). Züchtungen, die einen Defekt in dieser Richtung aufweisen (z.B. Pigeonblood) können dies leider nicht. Da letztere oft schlecht angeschwommen werden und hier die Jungen in großer Zahl in dunklen Ecken und am schwarzen Silikon zu finden sind, nimmt man an, dass die Jungtiere ein angeborenes Verhalten haben, nach "etwas Dunklem" zu suchen.
Bei den natürlichen Farbformen ist das weiter kein Problem. Die Eltern finden ihre irregeleiteten Jungen meist nach kurzer Zeit. Oft reicht der Anblick der großen dunklen Alttiere aus, um die Jungen vom Silikon wegzulocken. Ansonsten werden sie von den Eltern eingesammelt und etwas weiter vom Silikon entfernt wieder aus dem Maul entlassen. Von dort finden sie dann meist schnell zu ihren Geschwistern.
Sollte dennoch einmal ein hartnäckiger "Silikonfetischist" dabei sein, dann bringt ihn einer der Eltern zum Laichsubstrat zurück und spuckt ihn gegen dieses.
Der Betrachter hat den Eindruck, dass das Junge davon wieder abprallt und dann automatisch in Richtung Körperseiten der Eltern katapultiert wird, wo es dann endlich begreift, dass dort der richtige Ort ist, um nagenden Hunger zu bekämpfen.
An den ersten beiden Tagen ab dem Freischwimmen sind die Jungtiere häufig noch mehr oder weniger gleichmäßig auf beide Elternteile verteilt. Man spürt förmlich den Stolz der Eltern. Dass aus diesen winzigen länglichen Larven einmal große runde Diskusfische werden sollen, ist kaum zu glauben.
Spätestens ab dem dritten Tag wechseln sich die Elterntiere in der Regel mit der Führung der Jungfische ab. Hierzu schwimmt der Partner, von dem die Initiative ausgeht (der die Jungen abgeben möchte oder derjenige, der sie haben möchte), seitlich versetzt auf den anderen zu. Sobald er den Partner erreicht hat, schwimmen die beiden Alttiere aneinander vorbei, wobei meist der jungfischabgebende Partner seinen Körper leicht nach unten neigt (Kopf nach unten, Schwanz nach oben). Sobald er mit dem Kopf etwa auf Schwanzhöhe des Partners ist, schüttelt er sich kurz und schießt dann nach vorne.
Die Jungen schwimmen einen kurzen Moment an der Stelle, wo eben noch das Elterntier war, an dem sie sich labten. Einen Augenblick später streben sie dem anderen Elternteil entgegen, welches einladend seinen Körper, etwa im 45°-Winkel nach oben neigt (Kopf nach oben, Schwanz nach unten). Häufig stellen sich die Tiere dabei etwas dunkler.
Das gleiche Verhalten sieht man übrigens, wenn größere Diskusfische Außenparasiten haben und kleinere Diskusfische neben ihnen schwimmen. Die Kleineren (sie können durchaus schon vier bis sechs Monate alt sein), bepicken daraufhin den Körper der Größeren mit ihrem Maul und nehmen dabei wohl einige Parasiten auf.
In seltenen Fällen kommt es zum Streit zwischen den Eltern, da jeder von ihnen die Jungfische führen möchte. Naturgemäß erweisen sich hier die Weibchen als besonders zänkisch. Entweder nervt sie das Bepicken der Jungfische, so dass sie versucht, sich ihrer zu entledigen. Meist schießt sie dann immer wieder im Becken hin und her. Die andere Variante ist, dass das Männchen die Jungen nicht mehr hergeben möchte. Daraufhin versucht sie sich der Jungen zu bemächtigen, indem sie das Männchen ständig wütend in die Seite rammt, um die Jungen von ihm "abzuschlagen". Das ist allerdings selten von Erfolg gekrönt. Es kann passieren, dass sie daraufhin anfängt, die "nicht hörenden" Jungen hier und da aufzuschnappen und vergisst, sie dann wieder auszuspucken, gemäß dem Motto: wenn ich sie nicht haben darf, dann soll sie keiner haben!
Ist es soweit gekommen, dann muss man ein Elterntier herausfangen. Man sollte das besser Pflegende bei den Jungen belassen. Da die Aufzucht für ein Tier körperlich sehr anstrengend ist, sollte man nach Möglichkeit das Kräftigere zurücklassen, was meist das Männchen ist. Soviel zum Thema Gleichberechtigung ... .
Die Jungfische sind drei Tage nach dem Freischwimmen schon ein ganzes Stück gewachsen. Sie sind länger, vor allem aber kräftiger geworden. Während es anfangs aussah, als ob sie an der Epidermis der Eltern nur nippen würden, kann man mit zunehmender Größe der Jungfische eindrucksvoll beobachten, wie sie zubeißen und dann das ergatterte Stückchen mit Schwung herausreißen. Die Haut der Elterntiere sieht dabei, zumindest für das menschliche Auge, unversehrt aus.
Da die Diskuseltern den ständig wachsenden Appetit ihrer Jungen nicht mehr gestillt bekommen, müssen die Kleinen zugefüttert werden. Die gängigen Frostfuttersorten sind jedoch zu groß. Ebenso wie feines Trockenfutter übt es keinen Bewegungsreiz auf die Jungfische aus. Frisch geschlüpfte Artemia haben sich als das beste Erstfutter erwiesen. Es wird schnell akzeptiert und ist sehr gehaltvoll. Am besten setzt man sie am vierten Tag nach dem Freischwimmen an. Dies ist ganz einfach: Man schließt z. B. zwei auf dem Kopf stehende Flaschen mit Hilfe eines Luftschlauchs an eine Membranpumpe an. Hierzu bohrt man ein Loch in den Flaschenverschluss, so dass ein kleines Stück Luftstab bündig hineinpasst, auf welchen man den Luftschlauch steckt. Es gibt auch spezielle Flaschen mit Halterung im Handel. Die Membranpumpe sicherheitshalber höher als die Flaschen hängen, damit keine Flüssigkeit in die Pumpe gelangen kann.
In die Flaschen gibt man jeweils einen Liter Wasser, einen gehäuften Esslöffel Salz (jodfreies Haushaltssalz oder Meersalz) und maximal einen gehäuften Teelöffel Artemiaeier. Die Artemialarven schlüpfen nach vierundzwanzig bis sechsunddreißig Stunden. Es empfiehlt sich die Flaschen im täglichen Wechsel anzusetzen, damit man immer frisch geschlüpfte Futtertierchen zur Verfügung hat. Auch die Menge der angesetzten Eier kann man selbstverständlich variieren, da man in den ersten Tagen nur wenig benötigt. Zur Entnahme der Futtertierchen stoppt man die Luftzufuhr, während die Artemias in den nächsten Minuten langsam absinken. Die leeren Schalen steigen zugleich nach oben. Jetzt lässt man einfach ein wenig von der Flüssigkeit, von unten aus der Flasche, in ein feinmaschiges Sieb ab (Spezialsiebe gibt es im Handel), spült sie mit Wasser ab, damit der Salzgehalt nicht zu hoch ist und verfüttert sie dann. Die Krebschen überleben noch eine ganze Zeit lang im Diskusbecken, so dass den Jungfischen genügend Zeit bleibt, ihren Jagdtrieb auszuleben.
Je nach Wachstum der Diskusjungfische, das sich, mit steigender Zahl der Nachkommen, etwas verlangsamen kann, gibt man ab dem vierten oder fünften Tag nach dem Freischwimmen, eine winzige Portion frisch geschlüpfter Artemias. Nicht zuviel geben, da die Fischchen die Salinenkrebschen zu diesem Zeitpunkt noch nicht so richtig aufnehmen. Dabei sollte man es dann auch für diesen Tag belassen.
Führt man die Diskusjungfische auf diese Weise an die Artemias heran, dann stellt man am nächsten Tag voller Freude fest, das die Tierchen sofort mit Begeisterung gefressen werden, geradezu so, als ob sie noch nie etwas anderes bekommen hätten. Anfangs werden nur recht kleine Portionen aufgenommen, entsprechend der winzigen Magengröße. Die Jungen halten sich zu dieser Zeit noch in unmittelbarer Nähe der Eltern auf und nehmen so auch nur die Salinenkrebschen auf, die sich im direkten Umkreis befinden. Mit zunehmender Größe und zunehmendem Appetit werden sie mutiger und entfernen sich immer öfter aus der Schutzzone, um auch weiter entfernt schwimmende Artemias zu erreichen.
Es ist sinnvoll die Jungfische stündlich mit einer kleinen Portion Artemias dazu zu füttern, da sie noch einen sehr kurzen Darm haben und dadurch die Nahrung recht schnell verdauen und wieder Hunger bekommen, obwohl sie fast pausenlos an der Epidermis der Elterntiere knabbern.
Ab dem zehnten, spätestens ab dem vierzehnten Tag nach dem Freischwimmen kann man zusätzlich Bosmiden (Frostfutter) geben. Kurz darauf nehmen sie auch Moina und Lobstereier. Letzteres wird auch mit Begeisterung von den Eltern aufgenommen, wenn man sie nur so weit auftauen lässt, dass sie noch leicht aneinander hängen.
Die Jungfische wachsen nun rasend schnell. Bald kann man auch Cyclops und etwas später Wasserflöhe verfüttern. Mückenlarven lassen sich in gefrorenem Zustand mit einem Messer leicht in kleinste Stücke schneiden.
Achtung: bei roten Mückenlarven unbedingt nur gezüchtete verwenden, sonst kann es leicht zur Vergiftung kommen!!!
Gibt man den Eltern Enchyträen, stellt man mit Erstaunen fest, dass auch die Jungtiere sofort mit Begeisterung dabei sind. Anstatt sich die kleinsten Würmer herauszusuchen, versuchen Sie zum Teil solche aufzunehmen, die fast so lang sind wie sie selbst. Manche schaffen das erstaunlicherweise auch und man wundert sich, dass es den Jungfischen nicht schadet.
Nach drei bis vier Wochen etwa haben die Jungtiere die kreisrunde Form ihrer Eltern angenommen. Manche Züchter trennen zu diesem Zeitpunkt gerne die Jungen von den Eltern. Solange es ihnen jedoch nicht schadet, lasse ich sie gerne noch weitere ein bis drei Wochen zusammen, da die Jungen immer noch gerne an der Epidermis knabbern, insbesondere morgens zum Frühstück. Sie wachsen dann besser. Hinzu kommt, dass man sie so leichter an neue Futtersorten herangeführt bekommt. Wenn sie ihre Eltern an etwas fressen sehen, wollen sie es auch sogleich probieren. Das vereinfacht vor allem auch eine Heranführung an Trockenfutter, welches man in fein gemahlenem Zustand übrigens auch schon früh zufüttern kann.
Die kleinen lebenden Artemias sollte man noch so lange zufüttern, wie sie noch angenommen werden, auch wenn man bereits mit der Verfütterung von gefrorenen großen Artemias begonnen hat. Direkt nach dem Schlupf sind sie besonders gehaltvoll. Am besten füttert man auch die Salinenkrebschen selber mit Spezialfutter, damit sie gehaltvoll bleiben. Irgendwann werden sie von den Jungfischen verschmäht, da sie ihnen zu klein werden. Ich habe aber auch schon Würfe gehabt, die sie noch mit vier Monaten gerne gefressen haben. Die Diskusfische wachsen dann um so besser.
Werden die Eltern in Ausnahmefällen von den heranwachsenden Jungfischen so stark bedrängt, dass sie körperlichen Schaden erleiden, dann muss man sie trennen. Das kann so weit gehen, dass die Elterntiere gut sichtbare Dellen am Körper und Löcher in den Flossen bekommen. So weit sollte man es aber nicht kommen lassen. Wird einem Erwachsenen das Knabbern der Jungfische zuviel, dann versucht er sie abzuschütteln und seinem Partner zu übergeben, auch wenn er sie gerade erst von ihm erhalten hat. Funktioniert das auch nicht, dann bleibt ihm nur noch die Flucht. Aufgrund der beengten Aquarienverhältnissen dauert es meist nicht lange, bis der hungrige Nachwuchs sein Glück erneut probiert. Darum ist es auch wichtig, dass man allen Paaren, nach erfolgreicher Aufzucht, ein paar Wochen Ruhe gönnt, damit sie sich wieder vollständig regenerieren können. Am besten in einem großen Becken zusammen mit anderen größeren Diskusfischen.
Wichtig bei der Aufzucht der Jungfische ist ein regelmäßiger Wasserwechsel, damit trotz der vielen Futtergaben eine gute Wasserqualität erhalten bleibt. Zudem fügt man dem Wasser so ständig neue wichtige Mineralien und Spurenelemente zu. Wichtig ist auch eine angemessene Beckengröße, damit den Kleinen genügend Schwimmraum zur Verfügung steht und sich nicht die Wasserverhältnisse mit jeder Fütterung dramatisch verschlechtern.
Im Zweifelsfalle muss man sich schweren Herzens von einem Großteil der Jungfische trennen. Vielleicht hat man einen Bekannten, der die Entwicklungen gespannt mitverfolgt hat und nun seinerseits sein Glück mit einem kleinen Schwarm Diskusjungfische probieren möchte.
Beate Rosenbach