Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Doch was ist eigentlich Licht?
Vereinfacht könnte man sagen: Licht ist alles, was wir mit unseren Augen wahrnehmen. Das Phänomen Licht, ohne das (fast) kein Leben möglich ist, wollen wir etwas näher betrachten.
Dazu müssen wir einen kleinen Ausflug in die Physik unternehmen.
Ein Atom besteht bekanntlich aus dem Atomkern, der sich aus Neutronen (elektrisch neutral) und Protonen (positive Ladungsträger) zusammensetzt. Um den Atomkern kreisen auf bestimmten Bahnen die Elektronen (negative Ladungsträger). Wenn wir ein Heliumatom betrachten, so besteht sein Kern aus 2 Neutronen und 2 Protonen. Die Atomhülle besteht aus 2 Elektronen. Somit ist das Atom elektrisch neutral, weil sich die positiven und negativen Ladungen der Protonen und Elektronen gegenseitig aufheben. Aber das ist für unsere Betrachtung nicht von Bedeutung. Durch die Zufuhr von Energie (etwa durch Erwärmung) ist es möglich, ein Elektron auf eine höhere Bahn zu heben, was einem energiereicheren Zustand entspricht. Das Elektron hat allerdings das Bestreben, seinen alten Platz wieder einzunehmen und auf seine ursprünglich niedrigere, energieärmere Bahn zurückzukehren. Dabei wird ein Photon freigesetzt, ein Lichtteilchen, das genau der vorher zugeführten Energiemenge entspricht. Unter sehr günstigen Umständen können wir selbst einzelne Photonen als kleine Lichtblitze wahrnehmen. Von Licht spricht man aber erst, wenn viele Photonen kontinuierlich abgegeben werden. Je mehr Photonen unser Auge erreichen, um so heller nehmen wir eine Lichtquelle wahr.
Licht ist also eine Form der Strahlungsenergie. Es breitet sich von seiner Quelle in Wellenform in alle Richtungen aus. Eine Welle ist durch zwei Charakteristika gekennzeichnet: Länge und Frequenz. Als Frequenz (f) bezeichnet man die Anzahl der Wellen, die in einer bestimmten Zeiteinheit (1 Sekunde) einen Punkt passieren. Das Produkt aus Wellenlänge und Frequenz ist die Geschwindigkeit der Ausbreitung (Lichtgeschwindigkeit c0). Das Maß für die Wellenlänge ist das Meter. Das dazugehörende Formelzeichen ist der griechische Kleinbuchstabe Lambda (l).
Zwischen Frequenz, Wellenlänge und Lichtgeschwindigkeit bestehen also folgende Zusammenhänge:
Lichtgeschwindigkeit = Frequenz x Wellenlänge (c0 = f x l);
Frequenz = Lichtgeschwindigkeit / Wellenlänge (f = c0 / l);
Wellenlänge = Lichtgeschwindigkeit / Frequenz (l = c0 / f).
Im Jahre 1675 hatte der dänische Astronom Olaus Rømer die erste brauchbare Messung der Lichtgeschwindigkeit durchgeführt (225.000 km/s). Seit jener Zeit waren die Messungen immer präziser geworden. 1927 gelang dem deutsch-amerikanischen Physiker Albert Abraham Michelson die bis dahin größte Annäherung (299.798 km/s). Im Oktober 1972 ermittelte ein Forscherteam unter Leitung von Kenneth M. Everson im amerikanischen Bouler, Colorado, einen Wert, der alle bis dahin ermittelten Werte an Genauigkeit übertraf: 299.792,46 km/s. Im täglichen Gebrauch rechnet man mit einer Lichtgeschwindigkeit von 300.000 km/s. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß dieser Wert nur für den luftleeren Raum gilt. In dichteren Medien liegt er niedriger. Im Wasser bewegt sich das Licht mit 224.900 km/s und durch einem Diamanten nur mit 124.000 km/s. Selbst in der Luft liegt die Lichtgeschwindigkeit etwas unter dem Maximum.Nachdem wir also festgestellt haben, daß Licht Wellencharakter hat, ist es interessant, einmal danach Ausschau zu halten, was sich denn unterhalb und oberhalb des Bereichs des sichtbaren Lichts abspielt. Beginnen wir am oberen Teil der Skala. Im Bereich von 10-6 nm bis 10-3 nm finden wir die kosmischen Stahlen. Hier schließen sich bis etwa 10-1 nm die g-Strahlen an. Ihnen folgen bis etwa 101 nm die Röntgenstrahlen. Der Bereich von 102 nm bis 106 nm ist der für uns interessante Bereich, denn es handelt sich um die sogen. optische Strahlung. In einem anderen Maßstab ausgedrückt ist es der Bereich von 100 nm bis 1 mm. Von 100 nm bis 380 nm bewegt sich der UV-Bereich. Ihm schließ sich der Bereich des sichtbaren Lichts zwischen 380 nm und 780 nm an. Darunter folgt von 780 nm bis 1 mm der IR-Bereich. Innerhalb des Bereichs der optischen Strahlung liegen noch zwischen 10 µm und 1 mm die Mikrowellen. Unterhalb des Bereichs von 1 mm Wellenlänge folgen die Zentimeter-, Dezimeter-, Ultrakurz-, Kurz-, Mittel-, Lang- und Längstwellen, die ja aus dem Bereich Fernsehen und Rundfunk bekannt sind.
Nun wollen wir uns den Bereich der sichtbaren Strahlung (Licht) einmal etwas näher ansehen. Angefangen am oberen Ende bei 380 nm beginnt der sichtbare Bereich mit der Farbe Violett. Es folgen Ultramarin, Eisblau, Blaugrün, Grün, Gelbgrün, Gelb, Orange, Hellrot und mit Dunkelrot sind wir bei 780 nm angelangt. Wundern Sie sich nicht über die Farbnamen. Es sind viele Farbskalen gebräuchlich. Das klassische Newton-Spektrum kennt sieben verschiedene Farben: Violett, Indigo, Blau, Grün, Gelb, Orange, Rot. Wie dem auch sei, diesen ganzen Farbbogen nennt man Spektrum. Das bekannteste Spektrum liefert uns der Regenbogen. Seine Farben entstehen durch das Sonnenlicht, das sich in zahllosen in der Luft schwebenden Wassertröpfchen bricht und dabei zerstreut wird. Jede von den hunderten von Farben des Spektrums wird durch Licht einer einzigen Wellenlänge erzeugt.
Wie bereits angeführt, finden wir oberhalb des sichtbaren Lichts den Bereich der ultravioletten Strahlung (UV-Bereich). Am unteren Ende schließt sich der Bereich des infraroten Lichts (IR-Bereich) an. Den IR-Bereich nehmen wir als Wärmestrahlung wahr. Wir denken hierbei z.B. an eine Heizsonne oder an die Herdplatte. Wie ebenfalls erwähnt liegen im Bereich des IR die Mikrowellen. Ihre Wärmestrahlung machen wir uns beim Mikrowellenherd nützlich.
Wenn wir den Bereich von 380 bis 780 nm als sichtbares Licht bezeichnen, so gilt das für das menschliche Auge. Bei vielen Tieren liegen die Verhältnisse z.T. ganz anders. Bienen z.B. können im Gegensatz zu uns Menschen UV-Licht wahrnehmen; dafür sind sie rotblind. Für uns ist der Bereich um 360 nm unsichtbar, da die Linse und der Glaskörper des Auges Ultraviolett absorbieren; es gelangt also nicht zu den Sehzellen. Die Biene orientiert sich aber bei der Nektarsuche einzig am Stand der Sonne und ist so in der Lage, auch bei bedecktem Himmel zu ihrem Standplatz zurückzufinden. Ultraviolettes Licht durchdringt die Wolkendecke besser. Mensch und Biene ist es also versagt, einen Teil der normalen alltäglichen visuellen Eindrücke des anderen wahrzunehmen. Und selbst die Farben, die Bienen und Menschen beide sehen können, müssen auf sie beziehungsweise auf uns ganz unterschiedlich wirken. Rot, das die längste Wellenlänge unter allen dem Menschen sichtbaren Farben besitzt, empfinden die Menschen als die „heißeste“ Farbe, als aufregend, als Gefahrensignal. Doch für die rotblinden Bienen ist gelb die Farbe mit der längsten Wellenlänge, also dürfte gelb für sie das sein, was rot für uns bedeutet. Blautöne, die Menschenaugen als kühl empfinden, dürften für Bienen als Mischfarbe erscheinen, ähnlich wie für uns grün. Die wirklich kühle Farbe für Bienenaugen ist wohl Ultraviolett, und das können wir überhaupt nicht sehen. Aus diesen Gründen müssen Blüten, die Bienen und andere Insekten mit ähnlichem Sehbereich anlocken wollen, Farben einsetzen, die uns, den Menschen, oft nichts bedeuten. Leider werden wir niemals die Welt der Bienen sehen können, einfach weil unsere Augen dafür nicht eingerichtet sind. Aber vielleicht verlieren wir durch unsere Ultraviolettblindheit mehr als die Bienen durch ihre Rotblindheit.
Wie aber sieht es am anderen Ende der Skala des sichtbaren Lichts aus? Den Bereich des Infrarot haben wir bereits als Wärmestahlung kennengelernt. Empfänger für diese längeren Wellen gibt es, jedoch arbeiten sie nach einem ganz anderen Prinzip. Wir nehmen Wärmestrahlung über unsere Haut wahr. Im Vergleich zum Auge ermöglicht sie aber nur eine sehr ungenaue Peilung und ist sehr unempfindlich. Zur Wahrnehmung einer Wärmestrahlungsquelle ist ein vielmillionenfaches an Strahlungsenergie nötig, verglichen mit dem, was nötig ist, um eine Lichtquelle zu sehen.
Es gibt jedoch Tiere (Schlangen), die Organe zum Empfang von Wärmestrahlung zu so hoher Vollkommenheit entwickelt haben, daß man von Infrarot-Augen spricht. Doch darauf will ich in diesem Zusammenhang nicht weiter eingehen.
Dieter Friedrich