Venezuela - Fischfang im Land des Bolivar - Teil 1

Spätestens nach der Ankunft in Venezuela, beim Geldwechsel in den Casas de Cambio,  kommt der Tourist mit dem Namen Bolivar in Berührung. Im Andenken des in Venezuela legendären Freiheits- und Unabhängigkeitskämpfers Simon Bolivar, der ab 1821 auch mehrere Jahre Präsident der Republik war, hat man die Landeswährung nach ihm benannt. Aber nicht nur so ist der Name Bolivar ein stetiger Reisebegleiter ins Landesinnere, jedes Dorf, jede Stadt, hat eine meist im Zentrum gelegene ``Plaza Bolivar``.

 

 

 
Ein Bundesstaat und dessen Hauptstadt sind nach ihm benannt. Der höchste Berg in Venezuela trägt seinen Namen und noch heute feiert die Bevölkerung jedes Jahr am 24. Juli seinen Geburtstag. Nun, ich hatte zweimal die Gelegenheit (1997 und 1999), den Hinterlassenschaften des Libertadors (der Befreier) zu begegnen. Als Aquarianer hatte ich allerdings nicht vor auf seinen historischen Spuren zu wandeln. Jeweils einen karibischen „Traumurlaub“ an der Küste (für meine Frau) mit der Option Buntbarsche zu fangen (für mich), verbrachten wir in Venezuela. 

Im folgenden ein paar Fischfangerlebnisse in Kürze.

``Fischfangabenteuer`` in die westlichen Ausläufer des Pariagebirges. Über el Pilar, ca. 140 km von Cumana entfernt, erreichten wir den Rio Sabacual. An einer Brücke machten wir halt und zogen unser Netz durch das Wasser.

Zuerst fingen wir unzählige Salmer, von denen sich die meisten von mir nicht eindeutig identifizieren ließen. Die Schwärme der kleinen Fische stellten eindeutig den größten Teil der Biomasse in diesem Biotop dar. Aber es gab auch Cichliden und Welse. Zwischen einem Gewirr von Wasserpflanzen fanden wir kleinere ``Aequidens`` pulcher, Cichlasoma bimaculatum(?) und einen ca. 20 cm langen Caquetaia krausii. Über steinigem Bodengrund fing ich Raubsalmer (Erythrinus?) und Schwielenwelse (Hoplosternum littorale). Am meisten begeisterten mich jedoch ca.10 bis 12 cm lange schwarze Ancistrus mit ihren goldglänzenden Punkten.

 

 Ein Wassertest pH 8,5 (Tropftest von Tetra), Leitwert 580 uS/cm, Wassertemperatur 25°C, beendete unsere Fischfangaktionen am Rio Sabacual.

Unser nächstes Ausflugsziel war der Cano Aijes und der Rio Guarapiche. Der Cano Ajies ist ein Mangrovenfluss im Osten von Venezuela, der den Gezeiten des Nordatlantik ausgesetzt ist. Das Wasser ist lehmfarben und die Ufer sind matschig bis sumpfig. Zusätzlich behinderten die Luftwurzeln der auch im Wasser stehenden Rhizophoramangle-Bäume das Fischen vom Ufer. Obwohl wir uns bei einem Warao-Indianer ein Boot mieteten, war die Fischbeute eher bescheiden. Wir fingen zwar massenhaft Kugelfische, Guppys und Seenadeln, aber immer die gleichen Fische zu fangen, machte keinen Spaß. Unser Bootsführer versuchte mit einem Krabbenbein an der Angel, Piranhas zu fangen. Erfolglos, somit musste er wohl seinen Speiseplan für den heutigen Tag ändern. 

Am späten Abend stand ich mit der Taschenlampe im kaum wadenhohen Wasser des Rio Guarapiche. Der niedrige Wasserstand war mir willkommen. Ich erbeutete über sandigem Bodengrund einige Welse: Farowella, Hypostomus und die gleichen Ancistrus wie am Rio Sabacual. Neben zahllosen Salmern und Guppys fing ich noch einige "Aequidens" sp. "Orinoco". Ein kapitaler Hoplias, den ich wahrscheinlich im Schlaf gestört hatte, wiedersetzte sich energisch meinen Fangversuchen.
Loricaiden des Rio Manzanares: Ancistrus spec. Hypostomus spec. Astyanx rohmbeus wird auch Talersalmer genannt Am Rio Manzanares, einem Gebirgsfluss, der bei Cumana ins karibische Meer mündet, fing ich flussaufwärts ein paar Kilometer hinter der Ortschaft San Fernando einige interessante Killifische.
Es war eine Art, die auch auf Venezuelas bekanntester Touristeninsel, der Isla Magarita vorkommt; Rivulus hartwegii. Richtig schön rot und gelb gefärbte Guppymännchen gehörten zur Begleitfauna, die, wie sich später im Aquarium herausstellte, auf dem Speiseplan der bis zu 9 Zentimeter lang werdenden Rivulus stehen.
Der Flussgrund des Rio Manzanares besteht aus mehr oder weniger großen Flusskieseln, die er während der Regenzeit durch seine dann starke Strömung aus dem Gebirge mit sich reißt. Wasserpflanzen sind im Flussbett eher selten. Nur im unmittelbaren Uferbereich gibt es etwas überhängende Vegetation der emers wachsenden Pflanzen. In Höhlen unterspülter Baumwurzeln fand ich große Hypostomus sp. Deren jüngere Artgenossen und die schon mehrmals erwähnten Ancistrus hielten sich überall im Fluss zwischen den Steinen auf und ließen sich mit dem Wurfnetz leicht erbeuten. Neben den unvermeidlichen Salmern, die auch hier wieder in großen Schwärmen vorkamen, gingen mir noch einige Jungfische von "Aequidens" sp. "Orinoco" ins Netz.
Die ursprünglich aus Ostafrika stammenden Oreochromis mosambicus breiten sich als Eiweißlieferant der einheimischen Bevölkerung ebenfalls im Rio Manzanares aus. Die von mir gefangenen Exemplare waren zu klein, sonst hätte ich sie gerne dem hier ansässigen Kasabe-Bäcker überlassen. Die weiteste und letzte Strecke unserer Fischtour 1997 führte uns an den Rio Morichal im Bundesstaat Monegas. Landschaftlich gab es nach der Überquerung des Küstengebirges nicht mehr viel zu sehen. Irgendwie erinnerte mich die Landschaft an Holland. Rechts und links flaches Land. Riesige Viehherden auf riesigem Weideland. Am Horizont kleine Galeriewäldchen, die hier in den östlichen Lianos die Flüsse säumen. Nur die Pipeline, in der das Öl zur Küste transportiert wird, störte die etwas bäuerlich wirkende Idylle.

Es lohnt sich auf jeden Fall, in der Öl und Rinderstadt Maturin eine Essenspause einzulegen. Die Rinderfilets sind schmackhaft, groß und billig. Nach dem Steak geht es dann immer noch weiter geradeaus, bis auf einmal eine größere Brücke auftaucht.

Ein Blick genügte, ich stand am für mich ersten Schwarzwasserfluss in Venezuela. Am linken Flussufer des Rio Morichals konnten wir uns im Camp Chaima ein Boot ausleihen. Wir fuhren ein Stück flussabwärts, entlang der zum Teil steilen Uferböschung. Wir fischten an zwei nicht allzu weit auseinander liegenden Stellen im Rio Morichal, an einer Lehm- und einer Sandbank.

Mit Unterstützung unserer zwei Bootsjungen, die begeistert bei der Sache waren, erbeuteten wir ganz andere Fische, als bei unseren Fangaktionen im Gebirge.

Sogar die Salmer sahen anders aus: Bleistiftlange Brycon cf.rubicauda, Serrasalmus rhombeus und goldglänzende Hemigrammus mit roten Schwanzflossen, um nur einige zu nennen. An Buntbarschen fingen wir Crenicichla sp. Rio Morichal, Crenicichla saxatillis und Mesonauta sp. Morichal Largo. Ein Loricariide, wahrscheinlich ein Cochliodon sp. von knapp 20 Zentimeter Länge, sowie ein mir unbekannter Farowella, wurden vor Ort nur fotografiert. Hübsch gefärbt waren einige Corydoras melanistius brevirostris mit schwarzen Punkten auf hellem Grund und dunklen Streifen an Kopf und Schulter, wo sie bis in die Rückenflosse hineinragten. Sie und drei Loricaria filamentosa kamen in die Fischtüten.

Damit war meine Option Fischfang fürs Erste in Venezuela beendet.

Den Rest des Urlaubs verbrachten wir mit Faulenzen, Sonnenbaden, Hahnenkampf und Bierchen trinken an der Karibikküste. Doch nur wenige Kilometer vom Rio Morichal entfernt, erweckt der Name Bolivar wieder mein Interesse. Dort, jenseits des Rio Orinoco liegt er, der größte Bundesstaat in Venezuela. Mit seinen sagenumwobenen Tafelbergen und Schwarzwasserlagunen. Dem Rio Caroni und Rio Orocopiche.
Noch im Strandhotel fasse ich den Entschluss, ihn demnächst zu bereisen. Den Estado Bolivar.

Heinz Morche