Venezuela - Fischfang im Land des Bolivar - Teil 2

Die Hälfte unseres dreiwöchigen Urlaubs 1999 in Venezuela hatten meine Frau und ich schon hinter uns. In den ersten acht Tagen waren wir mit einer Reisegesellschaft als Pauschaltouristen im Landesinneren unterwegs gewesen. Leider gab es nur wenig Möglichkeiten während der "Binnenwanderung" Fische zu fangen.

 

 

 
Trotzdem war die Tour schon ein tolles Erlebnis, bot sich uns doch die Gelegenheit, einige Fischbiotope wenigstens von oben zu betrachten. Die Gran Sabana und das Orinoco-Delta hatten die Erwartungen voll erfüllt und einen bleibenden Eindruck hinterlassen, (Fotos siehe unter "Impressionen aus Venezuela").

Jochen Schulz (Cumana) unser Verbindungsmann "vor Ort", verfügte über einen Jeep älteren Datums, dem man aber seine 300.000 Km nicht ansah. Pünktlich um 9 Uhr stand Jochen vor unserem Hotel in Puerto la Cruz um uns abzuholen. Wir packten unsere Fangutensilien, ein paar Sachen für die nächsten Tage und auf ging es zum rund 400 Km entfernten Rio Caroni. Wir fuhren auf der Bundesstraße 16 über el Tigre zuerst dem Rio Orinoco entgegen. Am Puente Angostura, der einzigen Brücke über den Orinoco machten wir den ersten größeren Zwischenstopp um ein paar Fotos zu schießen. Für die Strecke von der Angostura-Brücke bis nach Puerto Ordaz brauchten wir über ein Stück Autobahn eine gute Stunde. Hier suchten wir uns ein Nachtquartier und ein Restaurante. Am nächsten Morgen ging es nach einem kurzen Imbiss zum Paso Caruachi am linken Ufer des Rio Caroni. Schnell hatten wir einen Angler ausgemacht, der mit seinem Hinterteil auf einem halb mit Wasser gefülltem Eimer saß und so einen 30 Zentimeter langen Salmler (Leporinus frederici) bewachte. Wir erklärten Ihm das wir an Buntbarschen interessiert wären.

Ich zeigte Ihm verschiedene Zeitschriften mit den Fischen die ich fangen wollte. Ja, alle Ihm gezeigten Buntbarsche sollten hier vorkommen. Geophagus grammepareius gäbe es in einem See abseits der Straße, an den er uns morgen führen könne. Heute ging es leider nicht, denn eigentlich sei er Schweißer auf einem Diamantenfloß und müsse auf seinen Chefe warten.

Wir verabredeten uns für den kommenden Tag und beendeten unser Plauderstündchen, um endlich Fische zu fangen.

Stromaufwärts war mir schon eine Sandbank aufgefallen die bequem mit unserem Jeep zu erreichen war. Ein ca. 20 Meter langer und 5 Meter breiter Restwassertümpel hatte sich hier gebildet, der aber noch eine schmale Verbindung mit dem Rio Caroni hatte.

 
Wir hatten einen guten Fangplatz erwischt. Verschiedene Salmler, Geophagus und Guianacara schwammen aufgeregt hin und her nachdem ich anfing zu Schnorcheln. Schnell war ich wieder aus dem Wasser um die Fische nicht zu verjagen. Jetzt musste zuerst der Ablauf des Tümpels zum Caroni gesperrt werden. Ich suchte mir eine nicht zu tiefe Stelle, wo ich sicher sein konnte, das mein Kiemennetz am Bodengrund auflag. Eine Seite des Netzes befestigte ich am Ufer, die andere Seite hielt ich stramm fest, um einen Halbkreis Richtung Ufer schlagen zu können, wenn sich die Fische vor dem Netz aufhielten. So fingen wir in 3 Stunden 10 Geophagus cf. brachybranchus Rio Caroni und 5 Guianacara sp. Rio Caroni in geeigneter Transportgröße zwischen 3 und 6 cm.

Im etwas unterspülten Uferbereich des Restwassertümpels hielten sich einige Mesonauta auf, die sich aber leider nicht fangen ließen. Selbst als ich es mit dem Handkescher versuchte entkamen sie mir immer wieder. Dafür erbeutete ich 2 ca. 20 Zentimeter lange Crenicichla sp. Caroni, (lugubris ?) die hier im Uferbereich gar nicht selten waren. Die Crenicichla waren zum Transport natürlich viel zu groß. Nach ein paar Fotos kamen sie in den mitgebrachten Formalinbehälter.

Am anderen Ufer der Sandbank, auf der zum Hauptfluss gelegenen Seite, fingen wir mit dem Kiemennetz große ca. 20 Zentimeter lange Geophagus cf. brachybranchus.

 
Die ausgewachsenen Fische scheinen immer in kleinen Trupps unterwegs zu sein. Entweder hatten wir gar keine Geophagus in den Maschen, oder es waren gleich mehrere, zwischen vier und bis sogar zehn Exemplare. Überhaupt scheint diese Geophagus Art eine der häufigsten Buntbarsche am Unterlauf des Rio Caroni zu sein.

Für heute hatten wir genug Fische gefangen und kleine schwarze Stechfliegen sorgten dafür, das ich mich mit dem eintüten der Fische beeilte. Die Nacht verbrachten wir im selben Hotel wie am Abend zuvor in Puerto Ordaz.

Am nächsten Morgen waren wir früh am Paseo Caruachi und unser Angler war auch schon dort. Nach einer Stunde Palaver mit irgend welchen Leuten hatten wir in endlich im Jeep sitzen. Eine Zufahrt zum See hätten wir jedoch ohne ihn nicht so schnell gefunden. Am See angekommen sank meine Hoffnung hier Geophagus grammepareius zu fangen auf den Nullpunkt.

Im ganzen Uferbereich befanden sich Holzeinlagerungen und verschiedene Wasserpflanzen. Geophagus grammepareius lebt aber bevorzugt in versteckreichen, felsigen Biotopen. Der See war eher trübe, nur im Flachwasser am Ufer hatte man eine Sichtweite von knapp einem halben Meter.

Wir starteten einige Fangversuche mit dem Kiemennetz indem wir einen größeren Pflanzenbereich absperrten und zusätzlich mit dem Handkescher arbeiteten.Ein wirr von Salmlern der verschiedensten Arten hatten wir im Kescher. In der Überzahl waren es Acestrohhyncuchs, Astyanax, Brycon und Hyphessoprrycon Arten, die anderen ließen sich vor Ort nur schwer bestimmen. An Cichliden fingen wir nur 2 Mesonauta cf. insignis und einen 30 Zentimeter langen Cichla temensis. Um die Mittagszeit gaben wir die Suche nach G. grammepareius auf und entschlossen uns zu einem anderen Flussabschnitt des Rio Caroni zu fahren.

 
Wir fuhren ein Stück stromaufwärts bis zum Balenario el Rey wo eine kleine Felseninsel aus dem Wasser ragte. Mit Maske und Schnorchel schwamm ich hinüber. Die Felswände waren glatt und fielen steil in die Tiefe. Ein Trupp Keulensalmler weidete unter mir den Fels nach Algen ab, sonst war hier aber nicht viel los.

Zurück am Ufer fingen wir mit dem Kiemennetz wieder große Exemplare von G. cf. brachybranchus. Ein paar Meter weiter, in einer kleinen Bucht, wo einige Wasserpflanzen standen, fing ich außer Salmlern noch 6 Mesonauta der gleichen Art wie flussabwärts. Außerdem erwischte ich noch 4 Zwergcrenicichla sp. Caroni, je 2 Männchen und Weibchen.

Leider verhedderten sich die etwas kleineren Weibchen mit ihren Kiemen derart in den Maschen, das sie wenig später in den Plastiktüten starben. Ich fischte bis zum frühen Abend, ohne noch ein weiteres Weibchen zu fangen. Zum Trost packte ich mir noch 5 kleine G. cf. brachybranchus ein, die ideale Transportgrößen hatten. Die Nacht verbrachten wir in Ciudad Bolivar, wo wir beim Abendessen für den letzten Fangtag eine Tour zum nur wenige Kilometer entfernten Rio Orocopiche ausmachten.

Über die Bundesstraße 19 erreichten wir nach einer Stunde Fahrzeit eine Brücke am Rio Orocopiche. Obwohl der Fluss an dieser Stelle als Balenario (Badeplatz) Verwendung finden sollte, waren die Einheimischen mehr damit beschäftigt ihre Autos und Kleidung zu waschen.

 
Um nicht im Abwasser ihrer Waschmittel zu fischen, suchten wir uns einen Fangplatz oberhalb der Brücke.Einen größeren Trupp Buntbarsche (Geophagus ?) konnten wir im flachen Wasser schon vom Ufer aus beobachten.Natürlich versuchten wir ihrer habhaft zu werden. Im klaren Wasser konnten sie uns jedoch genau so gut beobachten wie wir sie. Egal wie wir unser Netz positionierten, immer zogen sie in die andere Richtung davon, so das wir irgendwann genervt aufgaben.

Wir verlegten unsere Fangversuche ins tiefere, trübere Wasser an der Flussmündung. An Stellen wo ich gerade noch stehen konnte versuchten wir unser Glück und hatten bald Erfolg. In den Maschen zappelte ein großes ca. 20 cm langes Geophagus Paar, dass uns beim Eintüten eine Schar ca. 5 Millimeter lange Jungfische entgegen spuckte. Obwohl die Art sehr wahrscheinlich schon früher des öfteren in Deutschland war, und als Geophagus cf. surinamensis "ovophil" bezeichnet wurde, könnte es sich um eine der noch wissenschaftlich unbeschriebenen Formen der Geophagus-Arten handeln, so dass ich die Tiere vorläufig als Geophagus sp. Orocopiche bezeichne.

 
Bei einem der weiteren Fangversuche ging uns noch ein einzelner Satanoperca ins Netz. Das mit ca.16 cm noch nicht ganz ausgewachsene Tier trug Jungfische im Maul, von denen sich der größte Teil noch vom vorhandenen Dottersack ernährte. Noch im Kiemennetz zappelnd entließ es seinen Kindersegen. Jetzt musste ich mich beeilen. Nur weil ich einige Fischtüten immer griffbereit im Bund der Badehose trug, konnte ich ein paar Exemplare eintüten. Bei dem gefangenen Satanoperca könnte es sich um S. mapiritensis handeln.

Wir zogen noch ein paar mal unser Netz an verschiedenen Stellen durch das Wasser, ohne weitere Cichliden zu fangen.Dafür gab es wieder reichlich Salmler (Brycon, Chalceus und eine kleinere Bodensalmler Art), die mich aber weniger interessierten.

Gegen Mittag wurde in allen besetzten Plastiktüten das Wasser komplett gewechselt und die Fische so verpackt, dass sie die Fahrt bis zu unserem Strandhotel an der Küste problemlos überstehen würden. Hier gewöhnte ich sie langsam an das Leitungswasser der Hotelanlage, was gleichzeitig auch das Transportwasser für den Heimflug war.

Heinz Morche