Qualzuchten bei Fischen

Dieser Artikel wurde dem Monatsmagazin für Vivaristik "das Aquarium" Ausgabe 02 / 03 mit freundlicher Genehmigung des Birgit Schmettkamp Verlages  entnommen.

Text: Dietrich Rössel, Dr. Petra Kölle und Prof. Dr. Rudolf Hoffmann

 

Immer wieder werden Zuchtformen von Aquarienfischen angeboten, die auf anatomische Merkmale derart selektiert wurden, dass ihr natürliches Verhalten (Fortbewegung, Futteraufnahme, Fortpflanzung) mehr oder weniger stark beeinträchtigt ist.

Vielen Haltern dieser Zuchtformen ist es nicht bewusst, dass diese Fische ihr arttypisches Verhalten nicht mehr zeigen (können). Von einer Qualzucht ist dann auszugehen, wenn Tiere aufgrund angezüchteter anatomischer Besonderheiten in ihrem natürlichen Verhalten so weit eingeschränkt sind, dass ihnen (teilweise erhebliche) Leiden im Sinne des Tierschutzgesetzes erwachsen. Im Folgenden sollen einige dieser Zuchtformen vorgestellt werden, die aufgrund ihrer angezüchteten Eigenschaften als Qualzuchten betrachtet werden können.

 

Goldfische

Einige der über viele Jahrhunderte - vor allem in China - sorgfältig entwickelten und weitergezüchteten Zuchtformen des Goldfisches sehen für das europäische Empfinden bizarr aus. So werden Formen beispielsweise auf stark vergrößerte Flossen hin selektiert, deren Struktur oft hauchdünn ist und deren Bewegung zur naturgemäßen Steuerung des Schwimmens kaum oder nicht mehr möglich ist.

  Goldfisch mit "Löwenkopf"


Manche dieser Schleierschwanz-Zuchtformen sind dadurch wegen der extrem langen, dünnen und leicht zerreißenden Flossen nicht mehr imstande, ein normales Schwimmverhalten zu entwickeln. Auch das für Goldfische typische Gründeln, um vom Boden Futter aufzunehmen, ist solchen Individuen oft unmöglich.

Diese Zuchtformen können, da sie an Einrichtungsgegenständen hängenbleiben und die Flossen daran zerreißen würden, ohne Verletzungsgefahr nur in relativ leeren Aquarien gehalten werden, in denen sie verstärkt unter Stress stehen.
Als weitere Zuchtformen, die oft nur noch als Qualzuchten bezeichnet werden können, sind die „Löwenköpfe" zu nennen. Bei diesen liegen im Kopfbereich stark aufgefaltete Wucherungen der Oberhaut vor, die bei starker Ausprägung nicht
nur das Sichtfeld stark einschränken, sondern auch dazu führen, dass sich die Fische an diesen empfindlichen Stellen verletzen. Außerdem siedeln sich in den Nischen und Höhlungen, die oft mit Schleim gefüllt sind, gerne Ektoparasiten an.
Dies ist in besonderem Maße bei den sogenannten Teleskop- und Blasenaugen der Fall. Bei diesen Zuchtformen ist der Augapfel extrem vergrößert bzw. die Haut ist unterhalb der Augen stark ausgedehnt und bildet eine Blase. In China wurden diese Zuchtformen oft in Porzellanschalen gehalten und konnten nur von oben betrachtet werden.

Hier ist bei starker Ausprägung der züchterisch erzeugten Wucherungen auch das arttypische Gründeln rein mechanisch nicht mehr möglich. Ungeachtet der Tatsache, dass viele dieser Zuchtformen aus einer jahrhundertealten Tradition heraus entwickelt und fortentwickelt worden sind, können diese Fische nicht mehr ihr naturgemäßes Verhalten zeigen und/oder müssen zur Vermeidung von Verletzungen in nicht artgemäßen Aquarien untergebracht werden. Fehler werden im Laufe der Zeit nicht richtiger, höchstens ehrwürdiger!

Lebendgebärende Zahnkarpfen

Auch bei den Lebendgebärenden Zahnkarpfen, die aufgrund ihrer hohen Mutationsfreudigkeit und Variabilität immer wieder in neuen Zuchtvarianten auf den Markt kommen, werden Formen angeboten, die sich nicht mehr naturgemäß verhalten können. So sind seit Jahren die sogenannten „Ballon-Mollys" im Handel erhältlich.
Die Fische fallen durch eine stark gekrümmte und verkürzte Wirbelsäule auf. Sie sind nach unseren Beobachtungen nicht so vital wie Mollys mit normaler Wirbelsäule (vgl. auch DAWES, 1996) und zeigen zum Teil ein beeinträchtigtes, torkelndes Schwimmverhalten. Eine Vermehrung dieser Fische soll problemlos sein (HIERONIMUS, pers. Mtg.). Wir haben allerdings Sendungen erhalten, die ausschließlich aus unbefruchteten (!) Weibchen bestanden (was uns noch bei keiner anderen Zuchtform von Lebendgebärenden Zahnkarpfen passiert ist). Allein die Vorstellung, was bei den Züchtern wohl mit jungen Männchen geschieht bzw. wie diese entsorgt werden, sollte einen verantwortungsbewussten Aquarianer vom Kauf solcher Fische abhalten!
Bei Guppys existieren ebenfalls Zuchtformen mit starken, zum Teil extremen Vergrößerungen der Flossen. die besonders bei den Männchen vorkommen. Aufgrund einer übergroßen Schwanzflosse sind diese oft nicht in der Lage, normal zu schwimmen. Damit haben sie auch keine Chance, den Weibchen zur Begattung zu folgen. Überdies haben solche Fische oft aufgrund des Gewichts der Schwanzflosse einen Knick in der Wirbelsäule. Züchter schneiden daher diesen Fischen, um ihnen ein normales Schwimmverhalten und damit die Fortpflanzung zu ermöglichen, oft die Schwanzflosse ab. Dies geschieht in der Regel ohne Betäubung und stellt somit einen eklatanten Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, das Amputationen nur bei medizinischer Indikation zulässt, dar. Ein derartiges Verhalten ist unter Tierschutzgesichtspunkten strikt abzulehnen (HIERONIMUS, 2002; KÖLLE et al., 1997), dies nicht nur aus rechtlichen, sondern natürlich auch unter rein tierschutzethischen Gesichtspunkten! Bei Guppys und auch bei Schwertträgern („Lyratail-Schwertträger") gibt es Zuchtformen mit so langem Gonopodium, dass die Tiere zwar normal schwimmen, das Gonopodium aber nicht mehr zur Fortpflanzung benutzen können. Diesen Fischen wird dann von manchen Züchtern, um die Fortpflanzung wieder zu ermöglichen, das Gonopodium gekürzt. Hier ist Behauptungen dahingehend, die Spitzenstruktur des Gonopodiums mache ein derartiges Vorgehen unmöglich, zu widersprechen. Wir haben schon Männchen anderer Lebendgebärender Zahnkarpfen mit deformiertem (abgebissenem) Gonopodium gehalten, die nachweislich Weibchen befruchtet haben.

  Ballon-Mollys gibt es in zahlreichen Farbvarianten

 
Zu Zwecken der Krebsforschung werden durch gezielte Kreuzungen bei Schwertträgern und Platys sogenannte „Tumorvarianten" erzeugt, bei denen sich oft Pigmenttumore (Melanome) bilden, die im Laufe der Zeit Hautareale, nachfolgend auch innere Organe, zerstören und zum Tod führen. Diese Fische leiden sicherlich unter der Tumorbildung. Sie sind aber (s. u.) nicht als Qualzuchten im Sinne des Tierschutzgesetzes zu betrachten, da ihre Erzeugung im Rahmen (genehmigter) Tierversuche zu Zwecken der Forschung erfolgt. Einschränkend ist zu bemerken, dass diese Fische und die in ihnen entwickelten Tumorzellen nicht ohne weiteres als Modell für den menschlichen Hautkrebs angesehen werden können, da sich die Ausgangszellen der Melanozyten bei Fischen und Menschen sowohl an der Lage in der Haut als auch bezüglich der Herkunft unterscheiden, so dass Ergebnisse nicht auf das menschliche Melanom übertragen werden können, wohl aber einige Fragen zur Tumorentstehung generell beantworten.


Andere Fischgruppen

In den letzen Jahren machte ein Fisch regelrecht Furore, von dem zunächst niemand wusste, wie er einzuordnen ist: der „Parrotfish" oder „Papageienfisch". Bei diesen Fischen ist das Maul deformiert und die Mundspalte auf eine kleine Öffnung reduziert, so dass ein Gesichtsprofil entsteht, das nach Auffassung mancher Betrachter an einen Papagei erinnert.

   Der "Parrotfish"

 

   Farbige "Parrotfishes"


Die Fische, die aus Südostasien importiert werden und ursprünglich wohl in Taiwan zuerst gezüchtet wurden (SCHRAML, 1995), sind wahrscheinlich eine Mutation von Amphilophus labiatus (STAECK, 2002). Ob ein derartiger Fisch, der eigentlich räuberisch lebt, sich mit seinem deformierten Miniaturmaul noch einigermaßen artgerecht ernähren kann, darf bezweifelt werden. Auch die artgemäße Fortbewegung und das artgemäße Verhalten sind erheblich eingeschränkt. STAECK (2002) weist auf die Neigung vieler Individuen, am Boden zu sitzen ebenso hin wie auf die beschleunigte Atemfrequenz. Auch erwähnt er die Vermutung, dass diese Zuchtform unter rezessiven Letalfaktoren leidet.

Das neueste sind - neben Varianten dieser Zuchtform mit regelrechten „Hörnern" auf der Stirn („Unicorn parrot") und weiteren Verunstaltungen - Exemplare in allen möglichen Farben (hierauf ist noch zurückzukommen).

 Ein "rotgespritzter" Metallpanzerwels

 
„Umgestaltung" von Fischen mit künstlichen Farbstoffen

Im Gegensatz zu (Qual-)Zuchtformen, bei denen die jeweiligen Merkmale in der Erbmasse verankert werden, werden auch durch Eingriffe am einzelnen Individuum Änderungen erzeugt. Hier sind die mit verschiedenen Farben behandelten „Disco-Glasbarsche" zu nennen, ferner Metallpanzerwelse, die einen roten Fleck an der Schwanzwurzel injiziert bekommen und dann auch noch unter pseudowissenschaftlichen Namen („Corydoras rubripinnis") verkauft werden. Diese Fische neigen erheblich zu Verpilzungen (RÖSSEL, 1994). Die gefärbten Männchen der Metallpanzerwelse sind nicht mehr in der Lage, Eier zu befruchten. Nach etwa 18 Monaten verlieren sie ihre Farbenpracht und gewinnen im gleichen Maße ihre Fruchtbarkeit wieder.

Weiterhin gibt es von den „Parrotfishes" Formen in allen denkbaren Farben - Gelb, Rot, Blau, Grün, Violett. Uns liegt der Katalog einer asiatischen Zierfischzüchterei vor, in dem unverhohlen mitgeteilt wird, diese Fische verlören nach einigen Wochen ihre Farbe. Dann könne man sie mit entsprechendem Futter „rot füttern" (aber nur rot, nicht in eine der anderen Ausgangsfarben!). Es bleibt offen, wie diesen Fischen - die ohnehin schon unter Tierschutzgesichtspunkten bedenklich sind - dann auch noch derartige Farben zugeführt werden.
Mitte des Jahres 2000 tauchten verschiedenfarbige Formen der Sumatrabarbe auf, bezüglich derer bei der weiteren Haltung weder eine verkürzte Lebenserwartung noch verstärkte Krankheitsanfälligkeit feststellen ließ. Die „schwarzen" Formen basieren offenbar auf der Normalform, die „roten" und „grünen" auf der albinoartigen Zuchtform. Bis die Fische entfärbt sind, dauert es etwa zwei Jahre. Sie sind auch noch in der Lage, sich zu vermehren, wobei die Nachkommen erwartungsgemäß normalfarbig sind. In rechtlicher Hinsicht wird man gegen diese Fische - zumindest dann, wenn die Farbstoffe gefüttert wurden - nichts machen können. Geschmacklos ist eine solche Färbung nach unserer Ansicht schon.

 

Die rechtliche Situation bei Qualzuchten

Das Züchten von Tieren, die sich nicht mehr artgemäß verhalten können und/oder vermehrt krankheitsanfällig sind, sollte schon aus tierschutzethischen Gesichtspunkten unterlassen werden. Das Erzeugen von Qualzuchten kann aber auch zu rechtlichen Konsequenzen führen.
Grundsätzlich ist es nach § 11b des Tierschutzgesetzes (TierSchG) verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch bio- oder gentechnische Maßnahmen zu verändern, „wenn der Züchter damit rechnen muss, dass bei der Nachzucht aufgrund vererbter Merkmale Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten". Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn Versuchstiermutanten für bestimmte Tierversuche notwendig sind (ein Tumor-Platy, der zu Zwecken der Krebsforschung gezüchtet wird, fällt demnach nicht unter dieses Verbot).

   "Disco"-Glasbarsche


Fraglich ist, ab wann bei Fischen von einer Qualzucht gesprochen werden kann. Das Züchten von Lebendgebärenden Zahnkarpfen oder Goldfischen mit großen Flossen fällt sicherlich nicht unter den Begriff der Qualzucht, solange sich die Fische noch artgemäß fortbewegen können. Auch wenn solche Fische ein so langes Gonopodium haben, dass sie sich nicht mehr fortpflanzen können, ist wohl noch keine Qualzucht anzunehmen, solange sie vital sind und sich ansonsten normal verhalten können (anders HERZOG, 1997, der Einschränkungen in der Fortpflanzungsfähigkeit unter Umständen schon als Qualzucht ansieht). Dass den Fischen durch die Unmöglichkeit, ihren Fortpflanzungstrieb auszuleben, Leiden entstehen, ist nicht nachweisbar. Wenn allerdings das Gonopodium oder die Flossen ohne Betäubung gekürzt werden, um sie wieder fortpflanzungstauglich zu machen, dann werden diesen Fischen (s. o.) ganz klar Leiden zugefügt und zwar ohne vernünftigen Grund, so dass der Straftatbestand der Tierquälerei (§ 17 TierSchG, s. auch unten) erfüllt ist.

Anders ist es jedoch, wenn Fische aufgrund der Beflossung nicht mehr imstande sind, sich artgemäß fortzubewegen und zu ernähren. Der Begriff des „Leidens" im Sinne des TierSchG ist sehr weit gefasst. Er umfasst alle Unlustgefühle, die nicht schon vom Begriff des Schmerzes erfasst sind (vgl. LORZ, RN 27 zu $ 1 Tier SchG). Wenn Fische aufgrund angezüchteter Merkmale nicht imstande sind, sich artgemäß zu verhalten, und unter Umständen aufgrund dieser Merkmale auch nicht mehr schnell genug schwimmen können, um im Wettstreit mit normal schwimmfähigen Futterkonkurrenten Futter aufzunehmen, liegt es nahe, solche Fische als Qualzuchten zu betrachten. Auch die „Ballon-Mollys", die aufgrund ihrer Körperform ein sehr unsicheres Schwimmverhalten zeigen und auch in ihrer Vitalität mit anderen Mollys nicht vergleichbar sind, müssen zu den Zuchtformen gezählt werden, bei denen aufgrund der Veränderungen mit Leiden zu rechnen ist.

Erst recht ist dies der Fall bei zahlreichen Zuchtformen des Goldfisches. Diese Formen sind in ihrem artgemäßen Schwimm- und Fressverhalten derartig beeinträchtigt, dass hier das Vorliegen von Leiden angenommen werden muss. Hinzu kommt, dass solche Fische - insbesondere Formen wie Blasenaugen und Löwenköpfe sowie extrem dünnflossige Tiere - besonders verletzungsanfällig sind, so dass aufgrund der Missbildungen auch Schmerzen und physische Schäden hervorgerufen werden können. Es darf auch nicht vergessen werden, dass manche Goldfisch-Zuchtformen aufgrund ihres extrem verkürzten Körpers und der dadurch hervorgerufenen Veränderungen u.a. im Darmbereich zu Verstopfungen neigen, die auch als Qualen im Sinne des TierSchG zu betrachten sind. Hier ist somit die Qualzuchteigenschaft zu bejahen.

   Farbige Sumatrabarben

 

Auch bei Fischen wie dem „Parrotfish" ist aufgrund der Verformungen im Kopfbereich mit Einschränkungen im Wohlbefinden der Fische zu rechnen. Abgesehen von ihrer häufig unsicheren Schwimmweise sind solche Fische nicht in der Lage, Futter aufzunehmen, das größer als ca. 2 mm ist. Für einen Cichliden ist dieses Verhalten nicht artgemäß. Dass die Fische, die viel öfter und auch angestrengter fressen müssen als nicht „umgezüchtete" Artgenossen, dabei Einschränkungen ihres Wohlbefindens hinnehmen müssen, ist offensichtlich.

Wer Tiere züchtet, die dem Qualzuchtbegriff des § 11 b TierSchG unterfallen, muss mit Konsequenzen rechnen. Nach § 18 Absatz 1 Nr. 22 TierSchG handelt derjenige ordnungswidrig, der solche Tiere züchtet und muss mit einer hohen Geldbuße rechnen. Die Tiere, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht, können nach § 19 TierSchG außerdem eingezogen werden (das können auch Elterntiere sein, die selbst keine Qualzuchten sind!). Ein Verbot der Tierhaltung ist für den Fall, dass nur eine Ordnungswidrigkeit nach dem TierSchG begangen wird, nicht vorgesehen.

Wesentlich strenger sind die Fälle zu behandeln, bei denen Tieren Farbstoffe zugeführt werden, um sie zu „verschönern". Hier handelt es sich nicht nur um eine Ordnungswidrigkeit, sondern um eine Straftat nach § 17 TierSchG (Tierquälerei), soweit den Tieren vorsätzlich Leiden und Schäden zugefügt werden (RÖSSEL 1994). Dies ist u.a. dann der Fall, wenn dem Tier „länger anhaltende oder sich wiederholende Schmerzen oder Leiden" zugefügt werden. Dass ein Fisch, bei dem aufgrund der Behandlung mit Farbstoffen langwierige Pilzerkrankungen auftreten, länger anhaltende Leiden auszuhalten hat, ist offensichtlich - dies ganz unabhängig davon, in welcher Weise nun die Farbstoffe in den Fisch eingebracht werden.

Tierquälerei wird mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft oder mit Geldstrafe geahndet. Außer der Bestrafung selbst und der auch hier möglichen Einziehung der Tiere muss der Täter sogar noch mit weiteren Folgen rechnen. Nach § 20 TierSchG kann im Rahmen einer solchen Verurteilung ein Tierhaltungsverbot oder ein Verbot, mit Tieren zu handeln oder sonst mit Tieren beruflich umzugehen, für die Dauer von bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden. Dieses Verbot kann sich auf bestimmte Tierarten beziehen oder ein generelles Verbot sein. In Extremfällen kann dieses Verbot sogar für immer gelten. Auch vor einem Urteil kann, wenn mit einer Verurteilung zu rechnen ist, ein vorläufiges Verbot der Tierhaltung oder des Umgangs mit Tieren ausgesprochen werden.

Wer künstlich gefärbte Fische nicht als solche deklariert, sondern ihnen schöne lateinische Namen gibt und damit den Anschein erweckt, als seien diese Tiere auf natürliche Weise zu ihrer Farbenpracht gekommen, muss außerdem noch damit rechnen, sich wegen Betruges (§ 263 des Strafgesetzbuches) strafbar zu machen.

Bei konsequenter Anwendung der Vorschriften und unter Berücksichtigung der weiten Auslegung des Leidensbegriffes im Tierschutzgesetz reichen die vorhandenen Rechtsnormen somit aus, um den Unsinn der Qualzuchten und der Manipulation an Fischen zu stoppen. Aber auch ohne juristische Druckmittel sollte es möglich sein, an die Vernunft der Züchter und Händler zu appellieren. Gibt es nicht genügend schöne Fische und kann man nicht auch ohne die Erzeugung von Monstrositäten Zuchtformen entwickeln, die das züchterische Können herausfordern und gleichzeitig zu Tieren führen, die art- und naturgemäß leben können?

Dietrich Rössel, Dr. Petra Kölle und Prof. Dr. Rudolf Hoffmann

 

 


Literatur

ANDREWS, C. (1991): Faszinierende Goldfische. Tetra Verlag, Melle.
DAWES, J. (1996): Vor Ort: Das kleine Extra ... Aqualog News 1 (2): 5.
HERZOG, A. (1997): Qualzuchten: Definition, Beurteilung, Erbpathologie. Dtsch. Tierärztl. Wochenschr. 104 (2):71-74.
HIERONIMUS, H. (2002): BNA-Stellungnahme zum Thema Qualzuchten bei Zierfischen. BNA-aktuell (1): 27-31.
KÖLLE, P., R. HOFFMANN& D. RÖSSEL (1997): Qualzuchten bei Fischen. DATZ 50 (6):396-399.
LORZ, A. (1999): Kommentar zum Tierschutzgesetz. 5. Auflage, München.
MEYER, M., L. WISCHNATH & K. FÖRSTER (1985): Lebendgebärende Zierfische, Mergus Verlag, Melle.
RössEL, D. (1994): Sind unsere Fische nicht schön genug? DATZ 47 (1): 50-51.
SCHRAML, E. (1995): Züchterische Meisterleistungen - oder ein Hauch von Frankenstein? TI (126): 24-27.
STAECK, W. (2002): Papageienbuntbarsche und § 11b TierSchG. BNA-aktuell (2):17-20.