Von Fröschen, Kröten, Molchen und Salamandern
Der aus dem Griechischen stammende Name charakterisiert die Gruppe der Amphibien sehr zutreffend. Zusammengesetzt aus amphi = "auf zwei Seiten" und bios = "Leben" steht er für ein Leben zu Wasser und zu Land. Zwei Seiten hat auch ihre Akzeptanz in der Gesellschaft: Zum einen genießen sie Sympathie, man bedenke nur die Reaktionen auf den Straßentod vieler Erdkröten im Frühjahr. Zum anderen stehen sie für Ekel, nicht nur in zahlreichen Märchen. Im Kreis Euskirchen haben sich im Frühjahr 1994 einige Naturinteressierte zusammengefunden, um die Amphibien in ihren Lebensräumen zu erfassen. In Zusammenarbeit mit der Biologischen Station im Kreis Euskirchen haben sie eine Fülle von interessanten Daten über die Amphibien und Reptilien im Kreis Euskirchen zusammengetragen. Es zeigt sich, daß die einzelnen Landschaftsteile des Kreises unterschiedlich mit Laichgewässern und Amphibienarten ausgestattet sind.
Zülpicher Börde
Im Norden des Kreises Euskirchen, der Zülpicher Börde, ist der Waldanteil mit 5% sehr gering, der größte Anteil der landwirtschafltichen Nuzfläche wird durch Ackerbau geprägt, Grünland ist fast nur noch in den Bachauen vorhanden. Für Amphibien sind in dieser ausgeräumten Landschaft vor allem das Gewässersystem der Erft von Bedeutung, mit den Zuflüssen Neffelbach, Rotbach und Bleibach sowie verschiedene Waldreste und Abgrabungen. Natürliche Gewässer sind nur noch in geringer Anzahl erhalten, vor allem in kleinen Bruchwaldresten. In den 80er Jahren wurden im Zülpicher Raum im Rahmen von Naturschutzmaßnahmen zahlreiche Kleingewässer angelegt. Im Kreis Euskirchen hat hier der landesweit vom Aussterben bedrohte Springfrosch (Rana dalmatina) seinen Verbreitungsschwerpunkt.
Der Springfrosch, in Deutschland eine seltene Amphibienart,
findet bei Zülpich verbesserte Lebensbedingungen vor.
Bei einer Exkursion des Amphibien-Arbeitskreises im März 1999 wurden in einem Gewässerkomplex bei Juntersdorf mehr als 1000 Laichballen geschätzt, diese Population zählt demnach zu den größten in Deutschland. Natürliche Gewässer gab es hier von Natur aus insbesondere in den ehemaligen Überschwemmungsbereichen der Erft und ihren Nebenbächen. Heute sind verschiedene Sand- und Kiesgruben vor allem im Raum Euskirchen und Weilerswist "Lebensräume aus zweiter Hand" geworden. Dort bilden sich flache, pflanzenlose oder -arme Gewässer. In einigen Gruben der Zülpicher Börde konnte die Wechselkröte nachgewiesen werden, eine in NRW vom Aussterben bedrohte Art. Sie kommt im Kreis Euskirchen ausschließlich in der Zülpicher Börde vor. Als weitere Pionierart findet man die Kreuzkröte in den meisten Gruben vor, sie ist etwas häufiger als die Wechselkröte und ist auch in höheren Lagen anzutreffen. Während bislang der Buchholzweiher bei Mechernich als höchster bekannter Fundpunkt für NRW galt (Geiger et. al. 1983), konnte Dalbeck (1999) eine große Population im Bereich des Truppenübungsplatzes Vogelsang feststellen, mit Höhenlagen von bis zu 500 m ü. NN. Häufig findet man in diesen besonnten Gewässern auch den Teichmolch, in der Börde seltener ist der Bergmolch, vereinzelt sieht man in krautreichen Gewässern auch die größte Molchart, den Kammolch. Der Fadenmolch bevorzugt dagegen schattige Gewässer und ist in der Börde sehr selten.
Mechernicher Voreifel
Süden schließt sich die Mechernicher Voreifel an, als Abrenzung zur Zülpicher Börde erkennt man z.B. im Westen des Kreises den Bürvenicher Berg oder südlich von Euskirchen den Billiger Wald. Dieser ist auch mit einer Vielzahl von Gewässern von Bedeutung für Amphibien, ebenso wie z.B. die Schavener Heide oder auch das Gebiet des ehemaligen Bleiabbaus im Raum Mechernich. Diese drei Gebiete sind auch im Rahmen der Kartierung sehr gut untersucht worden.
Die Kreuzkröte hat ein lautes Organ,
man hört sie noch in ca. 1km Entfernung.
Gezielt wurde z.B. nach der in NRW vom Austerben bedrohten Gelbbauchunke gesucht, die bis ca. 1995 in Wagenspuren in der Schavener Heide oder noch in der 80er Jahren in Bombentrichtern im Billiger Wald gefunden wurde. Leider gelang kein aktueller Nachweis. Im Bereich der Mechernicher Voreifel gibt es auch eine Reihe von Gruben, wobei es sich hier meist um Tongruben handelt. Sie weisen eine ähnliche Besiedlung mit Amphibien auf, wie die Abgrabungen der Zülpicher Börde, allerdings fehlt die Wechselkröte, dafür kommt häufig die Geburtshelferkröte vor. Sie zu Gesicht zu bekommen ist allerdings sehr schwer, da sie nachtaktiv ist und sich meistens in Mauselöchern, unter Steinen oder Holzstücken versteckt. Nur ihr glockenähnlicher Ruf verrät sie, sie wird im Volksmund auch als Unke bezeichnet. Möglicherweise kommt es dadurch zu Bezeichnungen wie "Unkental" bei Blankenheim-Ahrdorf, wo nur Geburtshelferkröten nachgewiesen wurden.
Die Kalkeifel
Die Kalkeifel, Teile von Bad Münstereifel, Mechernich, Blankenheim und Dahlem, ist von Natur aus sehr arm an stehenden Gewässern, der Waldanteil liegt bei etwa 40%. Von Bedeutung sind hier u.a. die Bachläufe. In den Oberläufen der Waldbäche, die meist noch fischfrei sind, wurden häufig die Larven des Feuersalamanders gefunden. In einigen sauberen Bächen scheint der Feuersalamander zu fehlen. Brown (mdl. Mitteilung) führt dies auf die Tatsache zurück, dass in der Kalkeifel einige Bäche im Sommer trockenfallen. Interessanterweise sind alle Nachweise der Feuersalamanderlarven im Bereich der Kalkeifel in Fließgewässern, während sie z.B. am Börderand bei Weilerswist, der Ville, auch in Wagenspuren oder Tümpeln gefunden wurden, dort gibt es allerdings nur wenige Fließgewässer. Wo der Bach natürlich oder durch Menschenhand stillgewässerähnliche Strukturen aufweist, wurden meist weitere Amphibienarten gefunden, so z.B. Bergmolch, Grasfrosch oder Erdkröte, die drei häufigsten Arten des Kreises Euskirchen. In der Kalkeifel sind verschiedene Kalksteinbrüche von Bedeutung für Amphibien, so z.B. der Steinbruch Sönsberg bei Dahlem, wo Hunderte von Geburtshelferkröten an lauen Maiabenden bis in den September hinein zu hören sind.
Die Rureifel
Der südwestliche Teil des Kreises Euskirchen liegt weitgehend im Bereich der Rureifel, die gekennzeichnet wird durch einen hohen Waldanteil (über 50%), die höchsten Niederschläge im Kreis Euskirchen sowie relativ niedrige Temperaturen. Bei der Kartierung wurde das z.B. in der Form deutlich, dass Grasfroschlaich häufig erst im April zu finden war, während in der Börde die Quappen zu diesem Zeitpunkt schon geschlüpft waren. Auch bei der Wanderung der Erdkröten vom Winterquartier zum Laichgewässer war fast jedes Jahr zu beobachten, dass sie in den höheren Lagen ca. 4 Wochen später einsetzt, als in der Zülpicher Börde.
Die Erdkröte auf Wanderschaft zu
dem Massenlaichplatz in der Urfttalsperre.
Die Rureifel ist durchzogen von einer Vielzahl von tief eingeschnitten Bachläufen. Dalbeck (1999) beschreibt in fast allen Zuläufen der Urfttalsperre Feuersalamanderlarven. Die Urfttalsperre dient der Erdkröte als Massenlaichplatz, Dalbeck (1999) schätzt über 100.000 adulte Erdkröten, so dass es sich hier um das größte bekannte Vorkommen im Kreis Euskirchen handelt. Im Bereich der Rureifel liegt ebenfalls die Oleftalsperre. Auch hier werden viele Zuflüsse vom Feuersalamander und die Talsperre von Erdkröten als Laichgewässer genutzt. Entlang des Rundweges um die Talsperre kann man nachts die Rufe der Geburtshelferkröte vernehmen, so dass vermutet werden kann, dass sie ihre Larven auch in der Talsperre absetzt.
Amphibienschutz
Die Kartierung hat gezeigt, dass der Kreis Euskirchen für einige Amphibienarten noch gute Lebensbedingungen bietet. Andere sind aber stellenweise zurückgegangen , verschollen (Gelbbauchunke) oder ausgestorben (Moorfrosch). Die Biologische Station und der Arbeitskreis Amphibien und Reptilien im Kreis Euskirchen bemühen sich daher, die gewonnenen Daten nicht in der Schublade landen zu lassen. Die Erkenntnisse sollen möglichst bei Planungen berücksichtig werden. Amphibienschutz muss vornehmlich die Lebensräume der Amphibien sichern. Dabei sind die Amphibien, wie viele andere Tiergruppen auch, sehr anspruchsvoll. Besonders die Eigenschaft, in verschiedenen Lebensphasen unterschiedliche Lebensräume zu beanspruchen, bedeutet, dass allein die Anlage eines Gewässers für einen umfassenden Schutz bei weitem nicht ausreicht. Erschreckend deutlich machen dies z.B. Beobachtungen in bestimmten Bereichen der Zülpicher Börde. Der Grasfrosch, der dort früher überall verbreitet war, konnte in vielen Gewässern dieser offenen Landschaft nur noch selten angetroffen werden. Einzelne Laichgewässer wären noch vorhanden. Da der Grasfrosch aber im Sommer an Land lebt und z.B. Feuchtwiesen oder Wälder zum Überleben benötigt, ist er in dieser Agrarregion extrem zurückgegangen. Hier kann nur eine Änderung der Landnutzung eine Verbesserung herbeiführen. Zu denken ist hier z.B. an ein Biotopverbundsystem, das die Laichgewässer wieder mit den Sommerlebensräumen vernetzt. Ein wichtiges Element für den Amphibienschutz sind die Abgrabungen. Im Kreis Euskirchen gibt es zahlreiche Kies-, Sand- und Tongruben sowie Steinbrüche, die sich teilweise noch in Betrieb befinden oder bereits vollständig abgeschlossen wurden. Nach Beendigung der Abgrabungen werden die Flächen häufig rekultiviert. Dabei gehen "Lebensräume aus zweiter Hand" verloren, die durch die Rekultivierung nicht wieder ersetzt werden. Da diese Lebensräume aus zweiter Hand Ersatzfunktion für die ursprünglichen Biotope besitzen, sind sie unbedingt erhaltenswert. Eine zusammen mit dem Arbeitskreis erarbeitete Ausstellung über die "Amphibien unserer Heimat" sowie eine demnächst erscheinende Veröffentlichung runden die Tätigkeiten in diesem Themenbereich ab.
Julia Zehlius
Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Biologischen Station im Kreis Euskirchen e.V.