Schildkröten im Fokus - EU Erweiterung

Nun ist es so weit: Die EU Erweiterung wird in diesen Tagen vollzogen und wir dürfen viele neue Länder in der Union begrüßen. Das ist zweifellos ein Meilenstein auf dem Weg ins vereinte Europa! Doch leider bleibt auch bei der aktuellen Erweiterung wieder etwas auf der Strecke, was längst im Vorfeld hätte geregelt werden können. Seit langem ist bekannt, dass große Mengen an Tieren streng geschützter Arten in den Beitrittsländern auf "ihren" Beitritt warten, ohne dass es vernünftige Regularien gibt, die rechtzeitig dort wohnende Liebhaber und seriöse Anbieter schützen und gleichzeitig skrupellose Geschäftemacher ausgrenzen.

 

Immer häufiger berichten Schildkrötenfreunde nach Besuchen in Tschechien oder Polen, dass dort die seltensten Schildkröten zu bekommen sind. Für viele der dort feilgebotenen Schildkröten sind niemals oder zuletzt vor Jahrzehnten offizielle Fangquoten ausgestellt worden, sodass man sich schon fragt, wie diese Tiere dort hingekommen sind.

Wir Schildkrötenliebhaber müssen uns die Frage stellen, wie wir selbst mit der aktuellen Grauzone im Artenschutz umgehen werden. Natürlich ist es verlockend, endlich einmal die Art pflegen zu können, die man sich schon immer gewünscht hat oder ein Weibchen in eine Gruppe einzubringen, das schon immer gefehlt hat. Doch neben moralischen Bedenken gegenüber Naturentnahmen gibt es durchaus auch rechtliche Probleme, deren man sich beim Kauf solcher Tiere bewusst sein sollte.

Es ist ein gefährlicher Trugschluss zu glauben, dass durch den EU Beitritt automatisch alle geschützten Tiere legal werden, die sich in den Beitrittsländern befinden! Vielmehr gilt das gleiche Recht wie überall in der EU, dass die Tiere zumindest seit dem landesabhängigen Inkrafttreten des Washingtoner Artenschutzabkommens nur noch unter Einhaltung desselben importiert worden sein dürfen. Für Polen heißt das beispielsweise, dass die Tiere entweder vor dem 12.03.1990 nach Polen gekommen sein müssen oder aber entsprechende Importnachweise vorhanden sein müssen. Ähnliches gilt auch für Tschechien und die Slowakei, wo die Artenschutzkonvention am 01.01.1993 in Kraft trat. Das sind lange Zeiträume, und bei der Anmeldung der Tiere ist ausschließlich der Käufer für den lückenlosen Nachweis der Rechtmäßigkeit verantwortlich (Beweislastumkehr)! Es ist also immer der Schaden des Besitzers, wenn die Gültigkeit der Papiere angezweifelt wird. Das gilt selbst nachträglich so geschehen vor einigen Jahren mit Malacochersus tornieri und mit Uromastyx maliensis, als die französische Artenschutz Behörde deren Einfuhr in die EU zunächst genehmigte, die deutschen Behörden die Tiere dann aber dennoch bei den Haltern beschlagnahmten und einzogen.

 

Als Käufer sollte man deshalb unbedingt Folgendes beachten:

Für alle Tiere, die in der EU Artenschutzverordnung auf Anhang A gelistet sind, genügt die gelbe EU Bescheinigung in Verbindung mit einer geeigneten Kennzeichnung (Fotodokumentation oder Transponder). Auf der Bescheinigung muss die Vermarktungsgenehmigung enthalten sein (Kreuz in Punkt 19.2), und die Herkunft (Punkt 9) muss ebenfalls auf jeden Fall unzweifelhaft sein (nur "C" oder "D", falls "W" mit entsprechender legaler Begründung unter Punkt 18.1 8). Falls in der EU-Bescheinigung etwas davon Abweichendes eingetragen ist, sollte vor dem Kauf unbedingt mit der zuständigen Behörde Rücksprache gehalten werden, am besten mit einer Kopie der EU-Bescheinigung.

Bei Tieren, die im Anhang B gelistet werden, ist die Angelegenheit deutlich komplizierter. Hier liegt es seit der Abschaffung behördlicher Papiere im Ermessen des einzelnen Sachbearbeiters, welche Papiere er als Legalitätsnachweis verlangt. Diese Regelung führt selbst im innerdeutschen Transfer oftmals zu Problemen siehe auch unser Artikel "Chaos nach dem Wegfall der CITES Pflicht?" (Elaphe 2001 3), Im Zweifelsfall sind jedoch angefangen vom Import bis zum aktuellen Zeitpunkt bzw. bei Nachzuchten dem Import der Elterntiere alle Stationen nachzuweisen. Mindestens sollte also die entsprechende Importbestätigung mit Genehmigungsnummer und ein Kaufvertrag mit vollständiger Adresse des Verkäufers beiliegen. Andernfalls sind finanzielle wie ideelle Schäden durch Beschlagnahme der neuen Pfleglinge vorprogrammiert. 

 
Thomas & Sabine Vinke, Haan

 

Mit freundlicher Genehmigung der Autoren
und Redaktion der Zeitschrift "Schildkröten im Fokus"
www.schildkroeten-im-fokus.de