Vergesst uns nicht! Ein Plädoyer für südamerikanische Salmler

Dieser Bericht soll einigen Salmlerarten gewidmet sein, die leider nicht mehr oder nur noch äußerst selten zu sehen sind. Vor 50 Jahren, als ich in der Aquaristik meine ersten Schritte machte, waren sie noch ein Allgemeingut in den Aquarien. Doch in den letzten Jahren hat sich viel verändert. Diesen Veränderungen mussten auch viele hübsche Salmler ihren Tribut zollen. Sie drohen in europäischen Aquarien auszusterben.

 

Aquarianer, die vielleicht in den letzten 10 bis 20 Jahren mit dem Hobby begannen, werden die nachfolgend vorgestellten südamerikanischen Salmler lebend vielleicht gar nicht mehr kennen. Warum sich das so entwickelte, kann ich nicht eindeutig sagen. Sicherlich gibt es Gründe dafür, denn auch die Aquaristik ist Modetrends unterworfen. Vielleicht hilft ja der Aufruf "Vergesst uns nicht!" und dieser Bericht ein wenig, dass diese Salmler wieder vermehrt Einzug in unsere Aquarien halten.

 

Karfunkelsalmler, Hemigrammus pulcher
Der Karfunkelsalmler wird ca. 4,5 cm lang. Die Färbung ist je nach Lichteinfall sehr veränderlich. Die Rückenpartie erscheint meist bräunlichgrün, die Flanken hellgraugrün oder rötlich glänzend. Der Kopf ist dunkelgrün und zum Maul wird die Farbe schwärzlich. Im Bereich der Kehle befinden sich einige leuchtend messingfarbene Tüpfel. Ein deutlich ausgeprägter kupferroter oder hellgrüner Schulterfleck ist vorhanden und ein gleichfarbener länglicher Fleck befindet sich auf der Schwanzwurzel. Vom Schulterfleck bis in die Schwanzwurzel zieht sich ein schwarzes Längsband, das keilförmig auslaufen kann. Es ist leuchtend goldfarben eingefasst. Rücken-, After- und Schwanzflosse sind oft kupferrot. Farblich sind die Geschlechter nicht zu unterscheiden. Die Männchen bleiben aber etwas kleiner und sind im Körperbau schlanker. Bei genauem Betrachten können bei ihnen an den ersten Strahlen der Afterflosse kleine Häkchen erkannt werden und die Schwimmblase ist oft vollständig zu erkennen, bei den Weibchen dagegen nur teilweise.

Die Zucht ist nicht leicht. Weiches Wasser, das eine Härte von 3 °dGH nicht überschreiten darf, ist eine Voraussetzung. Der pH-Wert sollte 6,5 betragen und die Temperatur zwischen 26 und 28 °C liegen. Zu bemerken ist, dass nicht jedes Paar, das vom Züchter ausgewählt wurde, harmoniert und sich fortpflanzt. Eine Eigenart des Karfunkelsalmlers ist, dass sich die Partner in einer Gruppe finden möchten. Damit ist eine genaue Beobachtung vor einem Zuchtansatz unbedingte Voraussetzung. Laicht das ausgewählte Paar erfolgreich ab, ist zu empfehlen, es nicht mehr zur Gruppe zu setzen, denn es laicht stets wieder ab.

Für den Zuchtansatz genügt ein 10-Liter-Becken, das aber peinlichst sauber sein muss. Das Zuchtpaar wird in den Abendstunden eingesetzt, denn es laicht bevorzugt in den frühen Morgenstunden. Feingliedrige Pflanzen dienen als Laichsubstrat und die Lücken zwischen groben Kieseln als "Rettungsplätze" für die Eier. Das Paar betrachtet nämlich den eigenen Laich als willkommene Nahrung. Da die Eier aber nur eine geringe Haftfähigkeit haben, bleiben sie kaum in den Pflanzen hängen, sinken zu Boden und sind zwischen Kieseln für die Eltern unerreichbar. Hat das Paar sein Laichgeschäft beendet, ist es aus dem Becken zu entfernen. Das Becken sollte nun abgedunkelt werden. Der Schlupf der Larven erfolgt nach ca. 24 Stunden und nach drei bis vier Tagen schwimmen die Jungfische frei. Nun müssen sie angefüttert werden. Infusorien, z. B. Pantoffeltierchen, sind das geeignete Erstfutter. Das Wachstum ist recht langsam, kann aber durch eine leichte Erhöhung der Wassertemperatur etwas beschleunigt werden.

Glühlichtsalmler, Hemigrammus erythrozonus
In den 1950-er bis 1970-er Jahren war man stolz darauf, wenn man den Glühlichtsalmler der damals noch irrtümlich als Hyphessobrycon gracilis geführt wurde, präsentieren konnte. Erst Mitte der 1970-er Jahre wurde seine wahre Identität als H. erythrozonus erkannt. Nach Deutschland gelangten die ersten Glühlichtsalmler 1939. Der Grund für seine heutige Seltenheit scheint in der etwas schwierigen Züchtbarkeit zu liegen.

Hemigrammus erythrozonus wurde erstmals in Britisch Guyana und später bis zum Einzugsgebiet des Amazonas nachgewiesen. Die bis zu 4,5 cm langen Fische bewohnen ausschließlich Waldgewässer. Die Grundfarbe des Körpers ist graubraun bis graugrün. Ein leuchtender rubinroter Längsstreifen (erythros, gr. = rot und zona, lat. =Gürtel, Zone), der vom Auge bis zur Schwanzwurzel und mitunter sogar in die Schwanzflosse reichen kann, ist der Schmuck dieses wunderhübschen Salmlers. Beide Geschlechter sind gleich gefärbt. Die Männchen sind schlanker und ihre Schwimmblase ist anders gestaltet als die der Weibchen. Beim Weibchen liegt die Schwimmblase gerade im Körper, beim Männchen bildet sie einen zur Afterflosse neigenden Haken.

Zur Pflege ist eine Wassertemperatur von 24 °C anzuraten. Zur Zucht sind nur voll ausgewachsene Tiere auszuwählen. Bei den Weibchen muss der Laich bei durchscheinendem Licht sichtbar sein. Das Zuchtwasser darf nicht härter als 5 °dGH sein und der pH-Wert ist auf 6,5 einzustellen. Ferner sollte eine Wassertemperatur von 28 °C angeboten werden.

Leuchtflecksalmler, Hemigrammus ocellifer
Wegen seiner Anspruchslosigkeit in der Pflege und seiner leichten Züchtbarkeit war der Leuchtflecksalmler bis etwa 1970 ein sehr beliebter Pflegling. Doch dann wurde er in den Aquarien immer seltener. Der Leuchtflecksalmler ist ein sehr agiler Schwimmer, der in einer Gruppe von wenigstens sechs bis acht Exemplaren gepflegt werden sollte. Genügend freier Schwimmraum muss im Aquarium vorhanden sein.

Der Körper von Hemigrammus ocellifer ist gestreckt und seitlich etwas zusammengedrückt. Der bis zu 4,5 cm lang werdende Leuchtflecksalmler ist im gesamten Amazonasgebiet und in Guyana weit verbreitet. Sein Körper zeigt eine zart bräunliche bis grüngelbliche Farbe, bleibt jedoch durchscheinend.

Hinter dem Kiemendeckel ist ein tiefschwarzer Fleck vorhanden, der golden eingefasst ist. Ein gleicher Fleck befindet sich auf der Basis der Schwanzflosse. Vor diesem Fleck ist eine rötlich-golden irisierende Glanz-Zone, was sich im anderen Populärnamen "Laternenträger" widerspiegelt. Bei den Männchen befinden sich im Bereich des 3. bis 5. Strahles der Afterflosse kleine Häkchen, die wie weiße Knötchen erkennbar sind.

An die Wasserwerte werden kaum Ansprüche gestellt. Mit einer Wassertemperatur von 21 bis 22 °C ist Hemigrammus ocellifer zufrieden. Nur zur Zucht sollte die Temperatur um 2 bis 3 °C erhöht werden. Die Jungfische sind sehr schnellwüchsig.

Schwarzbandsalmler, Hyphessobrycon scholzei
Heute ist der Schwarzbandsalmler kaum noch zu sehen. Er ist auch sehr schlicht gefärbt. Der Körper ist silbrig und ein schwarzes Band erstreckt sich vom Auge bis in die Schwanzwurzel. Mehr Farbe bietet der Schwarzbandsalmler nicht. Ich beschäftigte mich bis Ende der 1960-er Jahr mit seiner Pflege und Zucht.

Hyphessobrycon scholzei ist sehr schwimmfreudig und benötigt viel freien Schwimmraum. Das Aquarium sollte deshalb nicht zu klein und teilweise auch gut bepflanzt sein, denn der Schwarzbandsalmler liebt es, sich für Ruhepausen ins Pflanzendickicht zurückziehen zu können. Jedes übliche Futter wird angenommen. An die Wasserparameter werden keine besonderen Ansprüche gestellt. Ich züchtete den Schwarzbandsalmler erfolgreich bei 18 °dGH und einem pH-Wert um 7.

Dreibandsalmler, Hyphessobrycon heterorhabdus
Der Dreibandsalmler ist sehr agil, wird 3,5 bis maximal 4 cm lang und fühlt sich in einer Gruppe am wohlsten. Der Körper ist gestreckt und seitlich leicht zusammengedrückt. Die Grundfarbe ist graubraun bis grünlich. Die Rückenpartie geht ins Rotbraune und der Bauch ist oliv bis silbrig glänzend. Von den Kiemendeckeln bis zur Schwanzwurzel verlaufen drei übereinander liegende Bänder. Das oberste ist leuchtend rot, darunter folgt ein weißes bis golden schimmerndes und das unterste ist tiefschwarz. Die Flossen sind farblos bis zart gelblich und haben z. T. weiße Spitzen. Beide Geschlechter sind gleich gefärbt.

Die Pflege des Dreibandsalmlers ist leicht, aber die Zucht etwas problematisch. Er möchte in gut bepflanzten Aquarien gepflegt werden. Die beste Wassertemperatur liegt zwischen 20 und 26 °C. Kurzzeitige Abkühlungen bis auf 16 °C werden problemlos überstanden.

Zur Zucht darf eine Härte von 5 °dGH nicht überschritten werden und der pH-Wert sollte 6,5 betragen. Feingliedrige Pflanzen und eine Wassertemperatur von 26 °C sind für die Zucht erforderlich. Zur Zucht eignen sich am besten Paare, die gerade die Geschlechtsreife erlangt haben. Am besten ist es, das Zuchtpaar abends in das Ablaichbecken einzusetzen. Hyphessobrycon heterorhabdus vergreift sich nicht an seinem eigenen Laich. Die Jungfische sind schnellwüchsig, reagieren aber etwas empfindlich auf Wasserwechsel. Dies legt sich erst, wenn der schwarze Streifen sichtbar wird.

 

 

 

Horst Ebert